CR7 gegen Tiki-Taka
Frisurenkönig Cristiano Ronaldo ist nicht nur einer der Hingucker dieser EM, sondern könnte auch im Halbfinale mit seinen Portugiesen den Favoriten Spanien aus dem Turnier schießen.
CR7 liest sich wie die Typenbezeichnung eines Ferrari oder Aston Martin, ist aber das Markenzeichen Cristiano Ronaldos. Die 10 machte Pele 1958 zum Mythos. Die magische Zahl wurde fortan kopiert, von den Zicos, Netzers, Maradonas, Matthäus', Ronaldinhos, Messis dieser Welt, als Statussymbol des genialen Dirigenten. CR7 ist gleichsam patentiert. Wie auch das Tiki-Taka für das Passkarussell des FC Barcelona und der Seleccion espanola.
Am Mittwoch nun: Portugal gegen Spanien (20.45 Uhr, ZDF live). In der Donbass Arena von Donezk kommt es zum Showdown CR7 gegen Tiki-Taka. Ganz Portugal wünscht sich, dass Turbo, Tricks und Tore des CR7 das Tiki-Taka stoppen mögen und der Hauptdarsteller fürs Finale erhalten bleibt. Denn CR7 liefert Hollywood-Glamour. Ronaldos Spektakel und Tore sind die Highlights dieser EM-Wochen. Das Tiki-Taka hingegen verbreitet mittlerweile Langeweile, fehlen doch die explosiven Überraschungen. Ohne Messi fehlt dem spanischen Tiki das Taka des glorreichen FC Barcelona.
Nach dem Aussscheiden mit Real Madrid gegen den FC Bayern im Halbfinale der Champions League, zu dem Ronaldo mit einem vergeigten Elfmeter beigetragen hat, bietet sich dem mit Messi besten, zumindest teuersten (94 Millionen Euro zahlte Real Manchester United für den Wechsel 2009) Fußballer der Welt die zweite Chance, ein europäisches Endspiel zu erreichen und den ersten Titel für Portugal zu holen.
Cristiano Ronaldo würde zum Nationalhelden Vasco da Gama aufsteigen. Sein ganzes Leben ist von Kindheit an – auf Madeira – darauf ausgerichtet, „sich zum Gott des Balles zu tunen" (Der Spiegel). Mit 27 Jahren spielt der „Außerirdische" auf dem Zenit seiner Kunst und bei der EM in der Form seines Lebens. Vom 0:1 gegen Deutschland wird sein dreifacher Übersteiger gegen Boateng in Erinnerung bleiben. Vom 3:2 gegen Dänemark das grob fahrlässig verschleuderte Siegtor, das dann Silvestre Varela schoss und Ronaldo den Makel des Versagers nahm. Drei Tore (bei vier Schüssen ans Gebälk) zum 2:1 gegen Holland und 1:0 gegen Tschechien haben ihn zum Superstar und Portugal zum heimlichen Turnierfavoriten gemacht.
Gegen Spanien ist Trainer Paulo Bento in der glücklichen Lage, zum fünften Mal dieselbe Startelf ins Spiel schicken zu können, mit dem Kapitän als „unseren Fähnenträger", wie Ricardo Costa im polnischen Quartier Opalenica verkündete. Hinter sich weiß Ronaldo den neben Philipp Lahm offensiv effektivsten Linksverteidiger, Fabio Coentrao (24). Es ist ein eingespieltes Tandem von Real. Deren blindes Verständnis zu unterbinden wird für Spaniens Trainer Vicente del Bosque wohl ein ähnliches Problem werden, wie die Tricks, die Dribblings, die Sprints, die Flankenläufe, die Sprungkraft, die Weitschüsse, die Freistöße des beidfüßigen Perfektionisten zu stoppen.
Unter José Mourinho ist Ronaldo gereift, hat seine schlechten Manieren abgelegt, ließ sich aber Angeberei und Selbstdarstellung nicht nehmen. Zu jedem Spiel erscheint er mit anders gegelter Frisur. Zum Freistoß baut er sich auf wie ein Pistolero beim Showdown: breitbeinig, die Hände in Colthöhe, fixiert er fünf Meter hinter dem Ball den Torwart wie einen Todfeind. Er trifft nicht immer, aber wenn der Ball über die Mauer fliegt, sich plötzlich senkt und im Netz hängenbleibt, inszeniert Ronaldo seine Jubelshow: Mit einem Urschrei reißt sich der Macho das Trikot vom Leib, um der Welt seinen athletischen Körper zu zeigen, die Muskeln angespannt wie beim Bodybuilding-Wettbewerb.
Die Diskussion über den Besten der Welt ist müßig. Dennoch hat sich Mourinho nach dem Ende der Primera Division festgelegt. „Wen du für den Besten hältst, Messi oder Ronaldo, hängt davon ab, was du lieber möchtest. Es ist die alte Geschichte wie vom Ferrari und Aston Martin. Für mich gehört der Beste mir: Cristiano.“ Ronaldo giert nach dem „Goldenen Ball“, mit dem er 2008 als Champions-League-Sieger mit ManUnited, danach aber dreimal Lionel Messi geehrt wurde. Ronaldos Vorteil: Messi ist nicht da.