Coach Dutt: Raus durch die Vordertür
LEVERKUSEN Es ist viel falsch gelaufen bei Bayer Leverkusen in dieser Saison: die Farce mit dem vermeintlichen Topstar Michael Ballack, die Demütigung beim 1:7 im Champions-League-Achtelfinale beim FC Barcelona, zuletzt am Samstag die 0:2-Heimpleite gegen den Abstiegskandidaten Freiburg. Sogar SC-Profi Johannes Flum meinte: „Ich weiß ja nicht, wie Leverkusen sonst spielt, aber das war nicht so gut heute.” Zuletzt spielte Leverkusen oft so. Es war die fünfte Pflichtspielniederlage in Serie. Weshalb die Verantwortlichen der Werkself am Sonntag, so nannte es zumindest Sportdirektor Rudi Völler, „die Reißleine zogen” – und Cheftrainer Robin Dutt beurlaubten.
Als Nachfolger wurde gestern Ex-Bayer-Profi Sami Hyypiä präsentiert, der gemeinsam mit dem bisherigen U19-Trainer Sascha Lewandowski, bis zum Saisonende, „einspringt” (Völler). Zwar beteuerte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser: „Im Moment gehen wir davon aus, dass es eine längere Situation sein kann.” Als wahrscheinlicher gilt, dass der Ex-Nationalspieler, der in Finnland derzeit einen Trainerlehrgang absolviert, als Platzhalter für Ralf Rangnick fungiert, der im Sommer nach überstandener Burnout-Erkrankung sein Bundesliga-Comeback geben will.
Ohnehin gab das Duo Völler/Holzhäuser bei der Trennung von Dutt nicht unbedingt die beste Figur ab. So hatte der einst als Rudi Nationale verehrte Ex-DFB-Teamchef die zweite Halbzeit entgegen seiner Gepflogenheiten nicht mehr auf der Tribüne der BayArena verfolgt, sondern gemeinsam mit Holzhäuser in dessen Büro. Am Samstag nach der Pleite hatte sich Völler überhaupt nicht geäußert und Holzhäuser via „Express” sogar verkündet: „Es ist alles offen. Wir werden aber trotz der Situation nicht in Hektik verfallen.” Seltsam, vermeldete doch der Sportinformationsdienst gestern, dass sich Völler und Holzhäuser bereits während der Partie, in der Halbzeitpause, mit Dutts finnischem Ex-Praktikanten Hyypiä geeinigt hätten.
Der bisherige Chefcoach hingegen bewies, trotz aller Fehler, die ihm im Laufe der verkorksten Saison unterlaufen waren, Größe. Dutt, vor der Saison als Jupp-Heynckes-Nachfolger vom Samstags-Gegner Freiburg losgeeist und mit Meister-Ambitionen gestartet, hatte vor allem im Umgang mit Egozentriker Ballack („Wer für einen Champions-League-Klub wie Bayer Leverkusen spielt, für den ist es eine Ehre, auf der Bank sitzen zu dürfen”) Probleme. Doch die Kritik an der sportlichen Misere akzeptierte er ebenso wie die minutenlangen höhnischen Spottgesänge der eigenen Fans am Samstag (siehe rechts): „Das war eine der schlechtesten Leistungen, die wir diese Saison gezeigt haben. Da muss man auch alle Reaktionen verstehen, die stattgefunden haben. Für unsere Leistung gibt es einen Verantwortlichen, und der bin ich. Ich werde mich deshalb mal wieder hinterfragen müssen, was da schief läuft.” Und weiter: „Das ist für mich enttäuschend, dass ich es nicht schaffe, die Mannschaft besser Fußballspielen zu lassen.”
Auch gestern stellte sich Dutt. Er nahm an seiner Entlassungs-Pressekonferenz teil und wurde so Zeuge, wie der 38-jährige Hyypiä, von 2009 und 2011 für Bayer aktiv und noch im Oktober unter Dutt für sechs Wochen Praktikant, vorgestellt wurde. „Ich bin durch die Vordertür gekommen und wollte nicht durch die Hintertür verschwinden”, sagte er. Und dem Duo Völler/Holzhäuser dankte Dutt explizit für die Chance, die sie ihm gegeben hätten.