Bundestrainer Löw: Italiener sind "Illusionskünstler"
München - Bundestrainer Joachim Löw blickt mit einigem
Neid nach Italien und sieht die Squadra Azzurra auf dem Weg zum WM-Titel 2014
in Brasilien sogar als Vorbild. "Sie haben vielleicht das beste taktische
Gespür. Eine Fehlerkette gibt es bei Italienern praktisch nie. Die werden
nicht hektisch. Man kann sich von ihrer Coolness, von ihrer Cleverness und
gnadenlosen Effizienz was abschauen", sagte Löw vor dem Klassiker am Freitag
(20.45 Uhr/ZDF) in Mailand gegen Italien im Interview mit der Süddeutschen
Zeitung. Für den 53-Jährigen ist es das 100. Länderspiel als Bundestrainer.
Die Italiener, gegen die die deutsche Nationalmannschaft schon seit 18
Jahren auf einen Sieg wartet, störe es auch "kein bisschen, wenn sie mal drei
Bälle auf die Tribüne hauen müssen. Wir würden uns daran stören". Das
DFB-Team liefe dann sogar Gefahr, "den Rhythmus zu verlieren".
Die deutschen Fans würden bei derartigen Aktionen murren, "unser Publikum
hat inzwischen ein anderes Anspruchsdenken, auch zu Recht. Aber auch das wäre
Pirlo, Bonucci oder Chiellini egal. Die würden sich von ihrer Linie nicht
abbringen lassen", führte Löw in der SZ weiter aus.
Zuletzt hatte die DFB-Elf die italienische Effektivität im EM-Halbfinale
2012 beim 1:2 oder im WM-Halbfinale 2006 (0:2 n.V.) zu spüren bekommen.
Deshalb misst Löw dem Duell am Freitag auch eine besondere Bedeutung bei:
"Klar könnte man sagen: Italien zählt nicht zu unseren Wunschgegnern. Aber
Sie werden lachen: In diesem speziellen Fall sind sie mein absoluter
Wunschgegner. Wir wollten im November Testspiele, in denen wir noch was
lernen können. Da gibt es keinen besseren Gegner als die Italiener."
Sie könnten sich, so Löw, "wie keine zweite Mannschaft auf der Welt
verstellen, sie sind – und das ist positiv gemeint – so was wie
Illusionskünstler. Sie kommen daher wie der Wolf im Schafspelz".
Von seiner eigenen Mannschaft verlangt Löw mehr Konzentration auf den
erfolgreichen Torabschluss: "Der letzte Pass, der letzte Abschluss ist
manchmal nicht seriös genug ausgeführt", sagte er. Auch mental müsse die
Mannschaft weiter reifen: "Wir dürfen uns auch von den Unwägbarkeiten des
Spiels nicht mehr so beeinflussen lassen."
Indes pochte er einmal mehr auf eine Richtlinien-Kompetenz als
Bundestrainer. "Ich nehme natürlich Rücksicht, aber ich bin der Trainer der
Nationalmannschaft! Ich muss die Dinge manchmal auch aus unserer Perspektive
sehen", betonte Löw. Wichtig sei ein "gutes Miteinander, aber wenn wir anders
spielen wollen als Dortmund oder Bayern, dann hat das Gründe. Damit stelle
ich mich doch gar nicht gegen die Vereine. Wir spielen den Stil der
Nationalmannschaft."
Löw rechtfertigte auch seine öffentliche Kritik an Abwehrspieler Mats
Hummels im August, die BVB-Trainer Jürgen Klopp erzürnt hatte: "Ich habe
Jürgen Klopp bei einem Gespräch gesagt: Wenn ich jemanden öffentlich
kritisieren will, dann mache ich das auch! Ich mache das ja selten, aber wenn
ich es mal mache, dann ist das mein gutes Recht."