Bremen: Fußball soll für Risikospiele zahlen

Als erstes Bundesland will Bremen den Fußball für Polizeieinsätze bei Hochsicherheitsspielen zur Kasse bitten.
dpa |
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Bremen - Die Deutsche Fußball Liga werde voraussichtlich im Dezember nach dem Heimspiel von Werder Bremen gegen Hannover 96 erstmals eine Rechnung erhalten, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Dieses Vorhaben der rot-grünen Landesregierung soll der Landtag nach der Sommerpause beschließen. Die Reaktion der Spitzenfunktionäre des deutschen Fußballs kam schnell und fiel heftig aus: DFB und DFL drohen dem kleinsten Bundesland damit, künftig keine Länderspiele mehr im Weserstadion auszutragen.

Ligapräsident und DFB-Vize Reinhard Rauball kündigte an, bei der Präsidiumssitzung des Deutschen Fußball-Bundes an diesem Freitag einen entsprechenden Antrag zu stellen und sogar eine Verlegung des EM-Qualifikationsspiels gegen Gibraltar am 14. November in eine andere Stadt zu beantragen. "Ich liege voll auf einer Linie mit Reinhard Rauball, was den Antrag betrifft, kein Länderspiel mehr nach Bremen zu vergeben", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach dazu.

Außerdem drohte die DFL dem Stadtstaat mit juristischen Konsequenzen, falls sie in Zukunft tatsächlich für Polizeieinsätze bei Bundesliga- Spielen mit hohem Gewaltpotenzial zahlen soll. Der Dachverband der 36 Proficlubs bezeichnete den Bremer Vorstoß als "verfassungsrechtlich unhaltbaren Weg". "Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ist unabhängig von der Kassenlage der öffentlichen Haushalte allein Aufgabe des Staates, zumal Fußball-Vereine und -Verbände keinesfalls Verursacher oder Veranlasser von Gewalt sind", sagte Rauball. "Falls Bremen diesen Weg beschreitet, wird der Ligaverband in Abstimmung mit dem SV Werder Bremen alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen."

Auch hier sprang der Deutsche Fußball-Bund der DFL sofort zur Seite. "Die Entscheidung des Bremer Senats zur Bezahlung von Polizei-Einsätzen bei Fußball-Spielen rüttelt an den Grundfesten unserer gesellschaftlichen Ordnung", meinte Niersbach. "Gerade der Fußball spült Jahr für Jahr Millionenbeträge in die öffentlichen Kassen und soll nun zusätzlich belastet werden für Leistungen, die ursächlich Angelegenheit der öffentlichen Hand sind. Faktisch ist dies eine Doppel- und Dreifach-Besteuerung." Das Präsidium des DFB wird sich an diesem Freitag in Frankfurt mit dem Thema befassen.

Sogar Bremens Innensenator Ulrich Mäurer geht davon aus, dass am Ende Gerichte über die umstrittenen Pläne entscheiden werden. "Ich kann mir vorstellen, dass die DFL mit den teuersten Anwälten antritt und uns mit Gutachten tot wirft", sagte der SPD-Politiker. Trotzdem bleibt er gelassen. "Wir sind überzeugt, dass wir gute Argumente haben."

Die Bremer Regelung soll alle gewinnorientierten Veranstaltungen mit mehr als 3000 Besuchern betreffen, bei denen die Behörden mit Ausschreitungen rechnen. In Bremen geht es nach Angaben von Mäurer beim Fußball vor allem um die Nordderbys gegen Hannover 96 und den Hamburger SV. "Die Kosten werden im Einzelfall ermittelt", sagte Mäurer. Er bezeichnete 300 000 Euro aber als realistisch. Die DFL werde voraussichtlich im Dezember nach dem Heimspiel von Werder Bremen gegen Hannover 96 erstmals eine Rechnung erhalten.

Die Forderung, den Fußball an den Kosten für die Polizei-Einsätze rund um die Spiele der Bundesliga zu beteiligen, ist unter anderem von Politikern immer wieder erhoben worden. Neu ist, dass erstmals ein Bundesland auch einen konkreten Beschluss zur Abstimmung stellt.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht den Vorstoß kritisch. "Die Verbände sollen Geld in die Hand nehmen, um Fanarbeit gegen Gewalt zu leisten", sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow der Nachrichtenagentur dpa. Die Entscheidung des Bremer Senats lenke vom Ziel der gemeinsamen Gewaltbekämpfung ab und belaste das Verhältnis von Polizei und Verbänden.

Bremen hat bereits Erfahrung damit, bei heiklen Gesetzesvorhaben den Vorreiter zu spielen. So führte das kleinste Bundesland unter anderem als erstes eine Obduktionspflicht für kleine Kinder und ein Atomtransportverbot über seine Häfen ein.

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