Bierhoff empfiehlt: "Geht ins Ausland!"

Der Teammanager der Nationalmannschaft wünscht sich mehr "Legionäre": "Generell würde ich es immer begrüßen, dass ein Profi einen Teil seiner Karriere im Ausland verbringt."
von  Abendzeitung
Auslandserfahrung als Weiterentwicklung: Oliver Bierhoff.
Auslandserfahrung als Weiterentwicklung: Oliver Bierhoff. © dpa

CARDIFF - Der Teammanager der Nationalmannschaft wünscht sich mehr "Legionäre": "Generell würde ich es immer begrüßen, dass ein Profi einen Teil seiner Karriere im Ausland verbringt."

Die meisten Bosse im Sport wollen ihre Spieler möglichst nahe um sich haben. Oliver Bierhoff, der Teammanager der deutschen Nationalmannschaft, würde seine Spieler leiber in alle Winde zerstreut sehen. Mit sieben Legionären wurde Deutschland 1990 in Italien zum dritten Mal Fußball-Weltmeister, fast zwei Jahrzehnte später wecken die deutschen Nationalspieler kaum noch das Interesse der Spitzenklubs in den europäischen Top-Ligen. Bis auf Kapitän Michael Ballack (FC Chelsea) und Andreas Hinkel (Celtic Glasgow) verdient kein aktueller Nationalspieler seine Brötchen im Ausland. Und alleine Ballack kann behaupten, dass er sich mit den Blues auch in der englischen Meisterschaft und der Champions League stets auf höchstem international Niveau messen kann.

So wünschte sich Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff vor dem zweiten WM-Qualifikationsspiel des Jahres gegen Wales in Cardiff am Mittwochabend, dass in Zukunft wieder mehr deutsche Auswahlspieler ihr Glück außerhalb der Bundesliga versuchen. „Ein Wechsel ins Ausland kann sich sehr positiv auf die Entwicklung eines Spielers auswirken. Auslandserfahrung ist für einen Profi immer wichtig, um zu reifen. Generell würde ich es immer begrüßen, dass ein Profi einen Teil seiner Karriere im Ausland verbringt“, sagte Bierhoff

Oliver Bierhoff selber ist das beste Beispiel

Bierhoff selbst ist für diese Theorie das beste Beispiel. Im Alter von 22 Jahren verließ der Europameister von 1996 nach vier durchwachsenen Bundesliga-Jahren sein Heimatland. Bierhoff machte sich über Austria Salzburg auf den Weg nach Italien, wo er bei Udinese Calcio den Durchbruch schaffte und anschließend mit dem AC Mailand große Erfolge feierte. Dank seiner Treffer im EM-Finale 1996 gegen Tschechien, darunter das Golden Goal in der Verlängerung, wurde die Nationalmannschaft in jener Zeit zum dritten Mal Europameister, zwei Jahre später durfte sich der sprachgewandte Bierhoff als Torschützenkönig der Serie A und zudem Deutschlands Fußballer des Jahres feiern lassen.

Auch Matthäus, Kohler, Brehme, Klinsmann wagten den Sprung

„Auch viele andere Nationalspieler wie Lothar Matthäus, Jürgen Kohler und Jürgen Klinsmann sind im Ausland gereift und zu großen Weltstars geworden“, sagte Bierhoff, der allerdings auch Gefahren in einem unüberlegten Auslands-Wechsel sieht und das Beispiel Timo Hildebrand, der nicht zuletzt durch das Chaos bei seinem Ex-Klub FC Valencia im vergangenen Jahr die EM-Teilnahme verpasste, anbrachte: „Man muss vorher sehr genau abwägen, zu welchem Verein man geht. Wenn bei einem ausländischen Klub eine gewisse Unruhe herrscht, dann ist das für die weitere Entwicklung eines Spielers natürlich nicht förderlich.“

Ballack wurde in England zum Leader

Neben Ballack gilt derzeit Linksverteidiger Philipp Lahm als der Nationalspieler, der bei einem Wechsel zu einem europäischen Topklub die besten Chancen hätte, sich durchzusetzen. Doch trotz interessanter Angebote von Champions-League-Sieger Manchester United und dem FC Barcelona entschied sich Lahm wie auch der von Juventus Turin umworbene Bastian Schweinsteiger, seinen Vertrag beim FC Bayern zu verlängern. Gleiches galt für Torsten Frings, der eigentlich schon mit Juve im Jahr 2007 handelseinig war, dann aber doch in Bremen blieb.

„Man sieht ja, welch großartiger Spieler aus Philipp Lahm beim FC Bayern geworden ist. Er hat bewiesen, dass man auch in München zur Persönlichkeit werden kann. Außerdem ist er ja noch sehr jung, Philipp kann auch später noch ins Ausland gehen“, sagte Bierhoff. Der 40 Jahre alte ehemalige Angreifer gab zudem zu bedenken, dass im Gegensatz zu früher auch in der Bundesliga mittlerweile so gut bezahlt werde wie bei einem Großteil der Vereine im Ausland. Das mache es den Spielern leichter, in ihrem gewohnten Umfeld zu bleiben und den riskanten Weg in eine europäische Topliga lieber nicht zu gehen. „Juventus Turin zahlt den Spielern im Vergleich zu Bayern München eher weniger. Zudem wissen die Profis, dass das Geld in Deutschland pünktlich überwiesen wird. Dass die ausländischen Vereine früher deutlich mehr bezahlt haben als die Klubs in der Bundesliga, war natürlich ein großer Anreiz“, sagte Bierhoff, der insgesamt 13 Jahre im Ausland aktiv war.

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