„Bei Bastian und mir genügt ein Blick, ein Zeichen“
Sami Khedira, der anstelle des verletzten Michael Ballack auftrumpft, über sein gutes Verständnis zu Schweinsteiger, eine gemeinsame Zukunft beim FC Bayern und seine Rolle als DJ des DFB-Teams
Bundestrainer Joachim Löw sagt, Sie spielen wie ein junger Michael Ballack. Ist das ein Ritterschlag?
Ich bin sehr stolz, Teil dieser Mannschaft zu sein, will solche Vergleiche aber eigentlich erst gar nicht aufkommen lassen, kopiere niemanden. Jeder weiß, dass Michael ein Weltklassespieler mit einer riesigen Erfahrung ist.
Sie haben in der E-Jugend des VfB Stuttgart angefangen, durchliefen seit der U15 alle DFB-Auswahlteams, sind jetzt Nationalspieler. Ein kometenhafter Aufstieg.
Es ging nicht immer steil bergauf. 2005/2006 habe ich nach einer schweren Knieverletzung fast gar nicht gespielt, da war sogar meine Karriere gefährdet. Alles schien zum Scheitern verurteilt. Ich bin dann zu Klaus Eder nach Donaustauf (Eder ist Chefphysiotherapeut der Nationalmannschaft; d.Red.) zur Reha. Klaus hat damals zu mir gesagt: Wir fahren 2010 zusammen zur WM nach Südafrika. Er hat Recht behalten.
Sie waren gegen Australien omnipräsent, hatten mit über zehn Kilometern die größte Laufleistung der deutschen Elf. Können Sie dieses Niveau überhaupt halten?
Meine Position im zentralen Mittelfeld bringt viel Arbeit mit sich, da sind lange Wege jobbedingt. Normalerweise laufe ich sogar über zwölf Kilometer im Spiel. Konditionell ist das Pensum kein Problem. Ausdauer, Kraft und Spritzigkeit sind da.
Wie funktioniert die Kommunikation des Schwaben Khedira mit Bastian Schweinsteiger, einem Ur-Bayern? Was ist anstrengender – sein Dialekt oder die Vuvuzelas?
Der Lärmpegel ist extrem hoch, da versteht man manchmal sein eigenes Wort nicht. Mit Bastian verstehe ich mich super. Er ist taktisch gut ausgebildet, kann das Spiel lesen. Beides nehme ich auch für mich in Anspruch. Manchmal braucht es für die Abstimmung kein Wort, da genügt ein Blick, ein Zeichen.
Ihr Vertrag beim VfB Stuttgart läuft im Sommer 2011 aus. Könnte es sein, dass die gedeihliche Zusammenarbeit mit ihrem Nationalmannschafts-Kollegen Schweinsteiger alsbald auch beim FC Bayern zu bewundern sein wird?
Im Fußball ist alles möglich, aber mein erster Ansprechpartner ist der VfB. Über meine Zukunft mache ich mir hier bei der WM keine Gedanken. Ich reiße mir den Hintern auf, um mit der Mannschaft Erfolg zu haben, mache gerne Drecksarbeit. Ich renne für Mesut Özil, er entscheidet das Spiel. So sieht das aus.
Sie sind Meister geworden, haben Champions League gespielt. Was ist das Besondere an der WM?
Die Champions League war ein Highlight, die WM ist noch mal eine Nummer größer, emotionaler, mit einem speziellen Flair. Die ganze Welt schaut zu, wie wir Fußball spielen. Wahnsinn!
Wissen Sie eigentlich, wie hoch die Prämie für den WM-Titel ist?
Nein, keine Ahnung, ich würde hier auch ohne Geld spielen, bin einfach nur stolz.
Ab wann würde das Turnier für Sie als Erfolg gelten: Viertelfinale? Halbfinale?
Wir wollen bis zum Ende dabei sein. Wenn man im Viertelfinale nach einem tollen Spiel ausscheidet, bekommt man vielleicht Applaus. Aber da ist nichts, das bleibt. Klar wäre das Halbfinale ein Erfolg, aber ein Titel ist ein Titel. Der bleibt, den hat man. Ich bin hier, um den Titel zu holen.
Sie sind in Stuttgart geboren, Ihr Vater ist Tunesier. Fühlen Sie sich als tunesischer Schwabe?
Als Schwabe. Aber ich kann zwei Länder glücklich machen. Tunesien hat sich nicht für die WM qualifiziert, ich bin der einzige „Landsmann" hier in Südafrika. Ganz Tunesien drückt uns die Daumen.
Sie sind der neue Team-DJ und haben Gerald Asamoah abgelöst. Wie kommt Ihre Musikauswahl an?
Gut, ich habe noch keine Klagen gehört. Vor und nach dem Spiel gegen Australien haben wir „Fackeln im Wind“ gehört. Das hat Bushido extra für uns für die WM geschrieben.
Interview: Patrick Strasser