Barca: Mit Steinbruch-Buben gegen die Bayern

Uli Hoeneß mag glauben, mit lauter Bürschchen hole man keine Titel. Der FC Barcelona, der nächste große Gegner, will ihn widerlegen. Die AZ ist vor Ort.
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Gerard Piqué (o.) und die früheren Lehrlinge aus der Barca-Schule haben offenbar viel gelernt.
AP Gerard Piqué (o.) und die früheren Lehrlinge aus der Barca-Schule haben offenbar viel gelernt.

Uli Hoeneß mag glauben, mit lauter Bürschchen hole man keine Titel. Der FC Barcelona, der nächste große Gegner, will ihn widerlegen. Die AZ ist vor Ort.

BARCELONA Albert Benaiges erinnert mit seiner körperlichen Wucht an einen Felsblock. Dass sein Arbeitsplatz tatsächlich Steinbruch genannt wird, dürfte allerdings eher ein Zufall sein. So groß und mächtig der Über-zwei-Zentner-Mann daherkommt, so ist auch seine Aufgabe beim FC Barcelona. Der 53-jährige Hüne koordiniert die Jugendarbeit des Klubs. Die wird im Spanischen „cantera“ genannt. Zu deutsch: Steinbruch.

Aus Barcas cantera hat Benaiges schon etliche Juwelen zu Tage gefördert. Auch Barcas heutiger Chefcoach Josep Guardiola gehört zu ihnen.

Doch die aktuelle Generation, die am Mittwoch (20.45 Uhr) im Camp Nou gegen den FC Bayern im Viertelfinale der Champions League antritt, scheint die ihres Trainers noch zu überflügeln.

Für die jüngste goldene Generation stehen Spieler wie Mittelfeld-Genie Andres Iniesta (24), Verteidiger Gerard Piqué (22) und vor allem Superstar Lionel Messi (21). Dabei verkörpern alle drei dieser Steinbruch-Buben wohl die reine Lehre der Barca-Schule. „Vor allen anderen Eigenschaften, die einen guten Spieler auszeichnen, fördern wir vor allem seine Kreativität“, sagt Albert Benaiges. Tatsächlich besticht gerade Iniesta durch seine strategischen Fähigkeiten. Er bildet mit Xavi (29) Herz und Hirn von Barcas Offensivspiel. Dass Barcelona in dieser Saison in der Liga auf die 100-Tore-Marke zusteuert, ist nicht zuletzt Xavis und Iniestas Instinkt zu verdanken.

"Barcas Philosophie ist es, auf junge Spieler zu bauen"

Präzises Passspiel und Kombinationen auf engstem Raum sind ein Schwerpunkt in Barcas Jugendkonzept. Eine Idee, die offenbar dem modernen Fußball entspricht. Andy Roxburgh, der Technische Direktor der Uefa, meint: „Das Spiel befindet sich im Wandel.“ Roxburgh schlussfolgert daraus, dass vor allem schnelle und kombinationssichere Mannschaften auf lange Sicht erfolgreicher sind. Auch Bundestrainer Joachim Löw sieht das so und fürchtete zuletzt, die Bundesliga-Teams und ihre Trainer drohten diese Entwicklung zu verpassen. Barca dagegen darf sich offenbar gewappnet fühlen. Roxburgh urteilt: „Der Kombinationsfußball. den Barcelonas Jugendmannschaften spielen, ist einfach atemberaubend.“

Doch macht allein ein Vorsprung durch Technik Barcas Talentschmiede so erfolgreich?

„Barcas Philosophie ist es, auf junge Spieler zu bauen und ihnen früh Verantwortung zu geben", sagt Benaiges. Wie konsequent der Klub hierbei vorgeht, zeigt ein weiteres Talent auf dem Weg zum Superstar: Bojan Krkic. Mit 17 schoss der Katalane mit serbischen Wurzeln gegen Schalke sein erstes Champions-League-Tor – und löste damit Arsenals Cesc Fabregas, auch so ein Absolvent der Barca-Schule, als zweitjüngsten Torschützen in diesem Wettbewerb ab (der Jüngste war übrigens 1997 Peter Ofori-Quaye von Olympiakos Piräus, gleichfalls mit 17). In der aktuellen Runde brachte es Bojan trotz seiner Jokerrolle auf drei Tore.

Und bei Bayern? Dort ist es eng für Jungstars. Aktuell soll sich etwa der hoch gelobte Toni Kroos (19) als Leihgabe bei Bayer Leverkusen beweisen, nachdem er unter Trainer Jürgen Klinsmann (zu) wenig Spielpraxis erhalten hat. Diese Art des Talent-Outsourcing hat ja auch schon zum Erfolg geführt: Philipp Lahm kehrte nach seiner Leih- und Lehrzeit in Stuttgart als Nationalspieler zum FC Bayern zurück.

Manager Uli Hoeneß meinte zum Fall Kroos, es sei fast unmöglich, gleichzeitig Talente in ein Team einzubauen und auf höchstem Niveau um den Champions League-Titel mitspielen zu wollen. Ein Ansatz, der für Benaiges schwer nachvollziehbar ist. Ein genaues Urteil zu der Nachwuchspolitik von Barcas Viertelfinal-Gegner will er sich nicht erlauben. Nur so viel: „Konsequent auf junge Spieler zu bauen, ist eine Frage der Mentalität. In Europa gibt es die nur bei Ajax Amsterdam und Barca — nicht aber bei Klubs wie Mailand, Manchester oder Bayern.“ Und dann verzieht der Hüne sein Gesicht zu einem Grinsen.

Reinhard Keck

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