Ballacks Nasenbeinbruch trübt Bayer-Sieg
Nach Ballacks Nasenbeinbruch im Spiel gegen Freiburg ist der Einsatz des Leverkusener Siegtorschützen am Dienstag in der Champions League fraglich.
Freiburg - Wie früher analysierte Robin Dutt im Presseraum des Badenova-Stadions ausführlich das gerade erlebte Bundesligaspiel, als der Fußballlehrer von Bayer Leverkusen doch den Unterschied zu seinen vier Jahren als Trainer des SC Freiburg erkennen musste:
Keine Zeit für minutiöse Erklärungen, die Reise in die Vergangenheit war zu beenden, ein Mannschaftsbetreuer der Leverkusener, die laut Dutt „glücklich“ mit 1:0 gewonnen hatten, mahnte zum Aufbruch. Dutt, der dank seines Arbeitgeberwechsels zu Saisonbeginn erstmals nach dem Duell zwischen Freiburg und Leverkusen das befreiende Gefühl eines Sieges erleben durfte, bestieg noch rechtzeitig den Bayer-Bus.
Der Sitz des Matchwinners aber blieb leer. Michael Ballack fuhr nicht mit in die Fünfsterne-Herberge im nahe gelegenen Elztal, wo sich der deutsche Vizemeister bis zum Start der Chartermaschine vom Flughafen Lahr am Sonntag auf das Champions-League-Gruppenspiel beim FC Valencia am Dienstag vorbereitet.
Der Aushilfskapitän war auf dem Weg in die Freiburger Universitätsklinik, wo sich bei einer Untersuchung in der Nacht zum Samstag der Verdacht auf Nasenbeinbruch bestätigte. „Das passt zu uns, dass uns jetzt auch noch so was passiert“, äußerte Dutt fatalistisch.
Ob der 35-Jährige für das vorentscheidende Europapokalspiel zur Verfügung steht, stehe erst kurzfristig fest, teilte der Verein mit. „Wir müssen jetzt sehen, welche Auswirkungen das auf den Kopf hat, ob er in Valencia spielen kann und ob er eine Maske braucht. Aber so weit sind wir jetzt noch nicht“, sagte Dutt am Morgen nach der niederschmetternden Diagnose.
Ballack fitter als in der Vorsaison
Es wäre ein schwerer Schlag für Leverkusen, sollte der im Zweikampf mit Jan Rosenthal vom Ellenbogen des Freiburgers im Gesicht getroffene Ballack ausfallen. Dutt wusste, wem er es in erster Linie zu verdanken hatte, dass Bayer wenigstens die Ergebniskrise beenden konnte:
„Michael hat in der ersten Halbzeit ein sehr gutes Spiel gemacht und auch sehr gut antizipiert beim Treffer.“ Als die Nase noch heil war, hatte Ballack schon in der zweiten Spielminute den richtigen Riecher bewiesen und aus vier Metern sein erstes Bundesligator seit 13. Mai 2006 erzielt.
„Er stand goldrichtig, in so 'ner Situation ist das wichtig“, dichtete Lars Bender, Ballacks Mitstreiter im defensiven Mittelfeld bei den spielerisch erneut arg enttäuschenden Gästen. Vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw war Ex-Nationalmannschaftsspieler Ballack Bayers Bester.
Der Routinier, auf dessen zunächst unverständliche Auswechslung in der 65. Minute gegen Simon Rolfes manche Fans mit Pfiffen gegen Dutt reagierten, erlebt im Herbst 2011 seinen dritten Frühling und spielte eine starke Rolle als zentraler Raumausstatter vor der Abwehr
. „Michael ist fitter als im vergangenen Jahr, ein fitter Michael Ballack bringt uns weiter“, sagte Bender. Das Duo auf der Sechs war ein Musterbeispiel für den von Dutt gelobten Kampfgeist. „Positiv ist, dass die Mannschaft bereit ist, alles zu geben. Vom Anspruch her ist das zu wenig, aber in dieser Phase ist es wichtig“, sagte der seit Wochen in der Kritik stehende Dutt.
Er gab zu: „Vor dem Spiel war ich ja doch etwas angespannt, weil wir die drei Punkte nach der Niederlage gegen Schalke unbedingt benötigten.“
Leverkusener Spielern fehlt die Frische
Seine Kritiker wird Dutt durch diesen Sieg an alter Wirkungsstätte nicht verstummen lassen können. Zu uninspiriert agierte seine Mannschaft. „Es sieht alles nicht so leicht aus“, stellte Dutt fest, der die Schwerfälligkeit vor allem auf die vielen verletzungsbedingten Ausfälle zurückführte.
„Fünf Knieoperationen sind einfach nicht so leicht zu verkraften, das ist einer der Faktoren. Wenige Spieler waren daher immer gefordert, es fehlt deshalb die Frische von Kopf und Körper“, analysierte Dutt, der auf die Rückkehr von Stammkräften wie Renato Augusto oder Tranquillo Barnetta setzt.
„Dann haben wir Alternativen, um besseren und erfolgreicheren Fußball zu spielen.“ Besseren Fußball, wie ihn seine ehemaligen Spieler präsentierten. Wie schon in den vergangenen Partien legte Freiburg mehr Spielkultur als der Gegner an den Tag, Zählbares aber sprang wieder nicht heraus.
„Ich muss meiner Mannschaft ein großes Lob zollen, sie hat trotz des frühen Rückstands mutig nach vorne gespielt, guten Fußball gezeigt und sich Chancen herausgearbeitet. Leider wurde sie wieder nicht belohnt. Wir müssen alle unheimlich leidensfähig sein“, sagte Marcus Sorg, der Trainer des Tabellenschlusslichts.
Robin Dutt, der seinem Ex-Team „wahnsinnig viel Pech“ bescheinigte, schien bei aller Erleichterung über die drei gewonnenen Punkte irgendwie mitzuleiden.