Ballack, der blaue Jedi
DFB-Kapitän Michael Ballack steht vor dem Triumph in der Champions League und könnte endlich den Makel des ewigen Verlierers los werden. Sogar Franz Beckenbauer glaubt jetzt an ihn.
MOSKAU Letzte Woche schaltete der englische Bezahl-TV-Sender „Sky Sports“ in den Zeitungen seine PR-Kampagne für das große Finale. Darauf zu sehen war eine Fotomontage mit den Stars der beiden Teams, die sich grimmig in die Augen schauen. Bei ManU zeigten sie Cristiano Ronaldo. Bei Chelsea zeigten sie nicht Drogba, Lampard oder Terry. Sondern Michael Ballack.
Der DFB-Kapitän hat es geschafft, respektiert zu werden auf der Insel und manchmal auch gefeiert. Auch wenn er ohne großen Titel ist. Zumindest bis zum heutigen Mittwoch.
Beim Endspiel der Champions League (20.45 Uhr, Sat.1 und Premiere live) will Ballack nun endlich ein Siegertyp sein, den Makel des ewigen Verlierers los werden. Wie 2002, als er gleich vier Mal Zweiter war. Mit Leverkusen in Bundesliga, Pokal und Champions League, mit dem Nationalteam bei der WM. Oder heuer auch schon wieder. Mit Chelsea, Verlierer im Ligapokalfinale gegen Tottenham, Zweiter in der Premier League hinter ManU.
Doch jetzt wähnt sich Ballack reif für den großen Titel. „Man muss es wollen, mit aller Kraft“, sagte der DFB-Kapitän jetzt, „das Gefühl, wie es wäre, die Trophäe in den Händen zu haben, wird jeden Tag stärker. Es besitzt dich total und bestimmt deine ganzen Gedanken.“ Das klang übersinnlich wie in „Star Wars“. Möge die Macht mit ihm sein.
Ballack scheint zu Chelseas Jedi-Ritter aufgestiegen, zum Leitwolf der Blauen. Lange war er Ergänzungsspieler, dann kam anfangs der Saison die Knöchelverletzung, weshalb ihn der damalige Coach Jose Mourinho für die Gruppenphase der Champions League nicht einmal nominierte.
Jetzt ist Ballack unverzichtbar. „Ballack kann ManU wieder versenken“, titelte der „Sunday Telegraph“ zuletzt in Anspielung auf das Champions-League-Halbfinale 2002. Damals traf Ballack im Old Trafford zum 1:1-Ausgleich für Leverkusen, das Spiel endete 2:2. Im Rückspiel reichte Bayer ein 1:1. Das Finale freilich verloren sie, 1:2 gegen Real.
Sein damaliger Vereinsmanager Reiner Calmund spricht nun bereits vom „reifsten und besten Ballack aller Zeiten“, dem er sogar zutraut, „Europas Fußballer des Jahres“ zu werden. Auch DFB-Manager Oliver Bierhoff hofft auf einen Triumph in Moskau, denn: „Dann würde Michael mit breiter Brust zur EM fahren.“
Bemerkenswert ist zudem, dass selbst Franz Beckenbauer Zutrauen gefunden hat. Der Bayern-Präsident, der Ballack erst vor einem guten halben Jahr noch verhöhnt hatte, als er sagte: „Bei Chelsea ist er nie warm geworden. Er geht da nur im Weg um.“ Nun meinte Beckenbauer: „Ich tippe auf einen 1:0-Sieg von Chelsea nach Verlängerung. Und Ballack macht das entscheidende Tor. Dann ist er endlich da, wo er immer hin wollte.“ Und ManU kann mit dem leeren Pokalkoffer wieder nach Hause fliegen. fk