Ballack: Capitano a. D.

Bundestrainer Löw entscheidet – zumindest so halb: Michael Ballack bleibt vorerst Spielführer des DFB-Teams, Stammspieler ist er nicht mehr. Bis auf weiteres trägt Bayern-Star Lahm die Binde.
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Die Tür ist noch nicht ganz zu: Michael Ballack, der Vor-WM-Kapitän, am Mittwoch auf dem Trainingsgelände in Leverkusen.
dpa Die Tür ist noch nicht ganz zu: Michael Ballack, der Vor-WM-Kapitän, am Mittwoch auf dem Trainingsgelände in Leverkusen.

Bundestrainer Löw entscheidet – zumindest so halb: Michael Ballack bleibt vorerst Spielführer des DFB-Teams, Stammspieler ist er nicht mehr. Bis auf weiteres trägt Bayern-Star Lahm die Binde.

FRANKFURT Nun hat Joachim Löw also das verkündet, was ohnehin schon durchgesickert und zu erwarten war. „Michael Ballack bleibt weiter Kapitän unserer Mannschaft, Philipp Lahm der Stellvertreter“, sagte der Bundestrainer am Mittwoch in Frankfurt. Klingt nach einfacher, klarer Regelung, ist es aber nicht.

Denn Ballack ist nur noch ein bisschen Kapitän, einst von Jürgen Klinsmann fast ehrfurchtsvoll Capitano ernannt, nun ein Capitano a. D., außer Dienst für unbestimmte Zeit. „Ich sehe Michael im Moment noch nicht in der Verfassung, dass er uns weiterhelfen kann, deshalb trägt Philipp bei den nächsten beiden Spielen die Binde“, so Löw. Der WM-Kapitän als Übergangsboss nur für die EM-Qualifikationsspiele am Freitag in Belgien und vier Tage später in Köln gegen Aserbaidschan (beide 20.45 Uhr, ARD live)?

Bei der WM fiel Ballack verletzt aus, ab sofort entscheidet Löw über seine körperliche Tauglichkeit. „Im Oktober werde ich dann neu entscheiden, ob er uns weiterhelfen kann“, sagte Löw, der auffallend dezidiert Ballacks Meriten betonte. Vergangener Ruhm. Löw: „Ich habe mit ihm offen und vertrauensvoll gesprochen. Michael hat große Verdienste um die Nationalmannschaft, aber er war drei Monate verletzt und muss erst wieder seine Form finden.“ Selbst wenn er das bei Bayer Leverkusen schafft, muss er noch am Sechser-Duo Schweinsteiger/Khedira vorbei, das in Südafrika brillant harmonierte. Löw: „Bei der WM haben Schweinsteiger und Khedira das absolut nach meinen Vorstellungen erfüllt.“ Für Ballack bedeutet das nach 98 Länderspielen, davon 55 als Kapitän: hinten anstellen.

Es herrscht ein neuer Geist in der Nationalelf, angestoßen von Löw und Teammanager Oliver Bierhoff. „Es sind viele Chefs auf dem Platz gefragt. Man hat ja bei der WM gesehen: Einer alleine kann es nicht. Von der Generation her sind das jetzt alles Spieler, die flache Hierarchien wollen, und nicht mehr, dass einer den Leitwolf gibt“, sagte Bierhoff. Ballack, ein Typ alter Schule, sah sich stets gerne in der Rolle des Leaders. Löws Strategie der flachen Hierarchien unterstützen Personalberater, die sonst Manager in der Top-Liga des Dax platzieren, in einer „Handelsblatt“-Umfrage.

Mit seinem eher autoritären Führungsstil passe er nicht mehr ins veränderte Team. „Ein dominanter Chef vom Typ Ballack ist im heutigen Team wahrscheinlich sogar störend“, sagte Wolfgang Walter, Partner der Personalberatung Heidrick & Struggles. „Die Generation Ballack dagegen ist nicht mehr in der Lage, die Mannschaft positiv zu beeinflussen“, urteilte Anke Hoffmann, Geschäftsführerin der Personalberatung Kienbaum und ergänzte: „Ballacks Zeit ist abgelaufen.“ Der 33-Jährige trainierte am Mittwoch auf dem Bayer-Gelände. Seine Reaktion? Kein Kommentar.

Erstmals in der DFB-Geschichte bricht Löw mit dem ungeschriebenen Gesetz, dass ein Kapitän selbstredend Stammspieler ist. Als Klinsmann im Juli 2004 übernahm, galt dies noch. Daher setzte er Oliver Kahn als Spielführer ab und ernannte Jens Lehmann zum Nationalkeeper 1b. Nur so erschien es Klinsmann möglich, Lehmann einzusetzen. Es war der Anfang einer schleichenden wie absehbaren Demontage, die darin mündete, dass Lehmann bei der WM 2006 im Tor stand. Als 1a.

Nun ist Lahm 1b-Kapitän. Eine 1a-Ausgangslage.

Patrick Strasser

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