AZ-Meinung: WM–Fieber ja! Aber...
Vier Tage lang war ich in Brasilien und habe mir mit Paulo Sergio, dem Ex-Spieler des FC Bayern, die traurigen Seiten seines Landes angeschaut. Sergio betreut ein Kinderprojekt in Sao Paulo – der Stadt, in der heute die Weltmeisterschaft eröffnet wird. Die Bilder, die ich in den Slums gesehen habe, werde ich nie vergessen: die Armut, das Leid.
Joseph Blatter, Chef des unter Dauerkorruptionsverdacht stehenden Internationalen Fußball-Verbandes (Fifa), weiß schon, warum er heute lieber keine Eröffnungsrede hält – er würde sein eigenes Wort nicht verstehen vor lauter Pfiffen. Nicht mal jeder zweite Brasilianer findet die WM im eigenen Land gut. Es gibt Proteste. Streiks. Organisationschaos. Soziale Unruhen. Gewalt.
Mehrere Milliarden Euro musste Brasilien für die WM investieren. Ein Land, in dem Kinder sterben, weil sie nichts zu essen haben. Ein Land, in dem es nicht ausreichend Schulen und Krankenhäuser gibt. Wer die WM als Zukunftsinvestment sieht, der sollte mal nach Südafrika schauen: Die damals extra erbauten Stadien gammeln vor sich hin, schon die Instandhaltung ist dem Land ein nicht bezahlbarer Klotz am Bein. Der große Boom nach der WM 2010? In der Vuvuzela verpufft.
In Brasilien haben es sich die Demonstranten jetzt aus Zorn zum Ziel gesetzt, mindestens ein WM-Spiel zu verhindern – ich kann sie sogar verstehen. Ob ich mich trotz dieser Fakten, die nicht verschwiegen werden dürfen, auf die WM freue? Ja. Und wie!
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