AZ-Kommentar: Präsidenten-Beben beim DFB - Grindels Gier

Mit seiner Abschiedserklärung beweist Reinhard Grindel, bis Dienstagnachmittag Präsident des DFB, dass er sich der Tragweite seiner Verfehlungen nicht bewusst ist – oder bewusst werden will.
Sechs Absätze lang widmet er sich einzig und allein der Uhr, die 6.000 Euro (und nicht, wie berichtet, über 10.000 Euro – aber welche Rolle spielt das eigentlich?) wert sein soll, er davon nichts geahnt hätte und es sowieso "ein Gebot der Höflichkeit" gewesen sei, dieses Geschenk eines zwielichtigen Funktionärs anzunehmen.
Mit Verlaub: So naiv kann und darf ein DFB-Präsident nicht sein. Und ob das Argument, er habe "im Stress des Amtes einfach zu wenig hinterfragt", bei Pflegekräften, Kassierern oder Notfallsanitätern wirklich zieht? Zu allen anderen Anschuldigungen der vergangenen Monate: kein Wort. Dabei geht es bei der Frage um Grindels Rücktritt doch am allerwenigsten um eine Uhr.
Reinhard Grindel sollte Transparenz in den DFB bringen
Der Vorwurf, der am schwersten wiegt: Grindels Drang, sich immer mehr und mehr zu bereichern, seine Gier, die Maßlosigkeit. Und das als Präsident des DFB, für den abertausende Ehrenamtliche jahrelang Stunden um Stunden opfern. Ganz ohne Bezahlung.
Mit Grindel sollte nach der Affäre um das Sommermärchen, verschleierte Millionenzahlungen und Bestechungsaffären endlich Transparenz in den größten nationalen Sport-Fachverband der Welt einziehen. Tja.
Dabei waren nicht alle Fehltritte Grindels selbstverschuldet, zuweilen wirkte er einfach tapsig, unbeholfen – und war am Ende wehrloses Opfer einer internen Kampagne. Doch bevor zu viel Mitleid aufkommt: Seine Posten bei Uefa und Fifa, die Grindel allein eine halbe Million Euro im Jahr bringen, behält er natürlich. Womit dann alles gesagt wäre.