AZ-Kolumne von Jean-Marie Pfaff zur Frauen-WM: "Bin sicher, dass Deutschland weit kommt"

München - In dieser Woche beschäftige ich mich einmal mit der gerade begonnenen Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland.
Ich finde es toll, dass dem Frauenfußball heutzutage so eine Bühne geboten wird. Zu meiner aktiven Zeit in den 1980er Jahren war der Frauenfußball noch eine komplette Randsportart und fand in der Öffentlichkeit kaum Anerkennung. Umso mehr freut es mich, was für eine Wandlung dieser Sport genommen hat. Die Europameisterschaft im vergangenen Jahr hat noch einmal für einen enormen Schub bei den Fans gesorgt.

Und die Spiele der Mädels lassen sich doch auch sehr gut anschauen. Taktisch und auch technisch auf einem hohen Niveau, der Frauenfußball braucht sich heute nicht mehr hinter den Männern verstecken. Auch auf Vereinsebene hat sich in den letzten Jahren eine Menge getan.
Frauen-Fußball-WM: Pfaff drückt Deutschland die Daumen
Klubs wie der FC Bayern, der VfL Wolfsburg oder auch die großen Vereine in Spanien, Frankreich und England sind Spitzenteams, die nicht nur national, sondern auch international für Furore sorgen.
Ich freue mich jedenfalls auf diese WM und werde mir so viele Spiele wie möglich anschauen. Mein Heimatland Belgien ist ja leider nicht dabei, somit werde ich der deutschen Mannschaft die Daumen drücken.
Ich bin sicher, die deutschen Frauen können bei diesem Turnier weit kommen. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat eine junge, hungrige Truppe beisammen. Auch wenn die letzten Testspiele nicht so sehr überzeugend waren, bin ich mir doch sicher, dass Deutschland ein gewichtiges Wort bei der Titelvergabe mitsprechen wird.
Frauen-WM in Australien und Neuseeland: "Die US-Girls sind der absolute Topfavorit"
Zum Favoritenkreis zählen für mich neben Deutschland die Teams aus den USA – die US-Girls sind womöglich der absolute Topfavorit – Spanien, Frankreich, Brasilien und Europameister England. Die Engländerinnen haben mir 2022 bei der EM sehr viel Spaß gemacht.
Im eigenen Land haben die Lionesses begeisternde Spiele geboten und nicht unverdient den Titel gewonnen, auch wenn die Finalniederlage für die deutsche Mannschaft damals ganz bitter war. Und wahrscheinlich wird die Unterstützung für den amtierenden Europameister auch in Down Under sehr groß sein. Ich bin gespannt, ob England die EM-Form wieder abrufen kann.
FC Bayern sollte sich schnell nach neuem Keeper umschauen
Zum Schluss aber auch noch ein kurzer Blick auf die Männer des FC Bayern, bei denen Manuel Neuer wahrscheinlich den Bundesligaauftakt verpasst. Ich hatte bereits Anfang des Jahres betont, dass man noch nicht weiß, wann Manuel wieder fit wird und in welcher Form er nach seiner schweren Verletzung zurückkommt.
Jetzt ist die Torwartfrage durchaus prekär, zumal Yann Sommer den Verein möglicherweise in Richtung Inter Mailand verlassen wird. Die Bayern wären gut beraten, sich jetzt schnell nach einem neuen Keeper umzuschauen, damit man auf alle Eventualitäten vorbereitet ist. Aber ich bin sicher, Trainer Thomas Tuchel und die Bosse werden da eine gute Lösung finden.
Euer Jean-Marie
Der 69-Jährige ist einer der besten Torhüter der Geschichte. Er war belgischer Nationaltorwart (64 Einsätze) und stand beim FC Bayern zwischen 1982 und 1988 insgesamt 156 Mal zwischen den Pfosten. Pfaff war Vizeeuropameister 1980, WM-Vierter 1986, zudem drei Mal deutscher Meister und zwei Mal Pokalsieger. 1987 war er Welttorhüter. Für die AZ ist er nun als Kolumnist tätig.