AZ-Interview mit Bodo Illgner: „3:0 für Real ist machbar“

Torwart-Legende und Spanien-Insider Bodo Illgner verrät, dass er am Dienstag Madrid die Daumen drückt – und dass er Bayerns Trainer Jupp Heynckes noch ein Engagement bei einem Weltklub zutraut

AZ: Herr Illgner, wenn Ihnen jemand gesagt hätte, Bayern schlägt Barcelona 4:0 und Dortmund Real mit 4:1...

BODO ILLGNER ...dann hätte ich gelacht und demjenigen den Vogel gezeigt. Was war überraschender? Definitiv das 4:1 von Dortmund gegen Real. Nachdem Bayern Barcelona abgeschossen hat, war das für mich total verrückt.

Wie waren die Reaktionen aus Spanien?

Ich kenne viele Real-Fans: Die waren alle fassungslos, sprachlos und riesig enttäuscht. Ich im Übrigen auch.

Ihr Herz schlägt also höher für Real als für den BVB?

Normalerweise halte ich zu den deutschen Vereinen, aber wenn Real involviert ist, kann ich nicht anders! Mein Herz schlägt für Real – und den FC. In Köln hat meine Karriere begonnen, in Madrid habe ich meine zweite Chance auf großen Fußball bekommen. Gut, dass sich beide eher selten ins Gehege kommen. (lacht)

Im Halbfinale 1998 zwischen Real und BVB fiel ein frühes Tor. Sie erinnern sich?

Sie meinen das Tor, das vor Spielbeginn umgefallen ist? Eine bizarre Situation. Wir saßen in der Kabine und warteten. Fast stundenlang. Keiner wusste, wann es los geht. Was macht man dann? Karten spielen? Man versucht, konzentriert zu bleiben. Ich habe irgendwann zu meinen Mitspielern gesagt: Je später wir spielen, desto besser ist es für uns – für die Deutschen ist nämlich bald Schlafenszeit!

Während in Spanien um 22 Uhr erst zu Abend gegessen wird.

Genau. In Sachen Biorhythmus waren wir im Vorteil. Je später es wurde, desto optimistischer wurde ich. Letztlich hat uns das früh gefallene Tor geholfen – 2:0 hieß es am Ende. (lacht)

Mit Trainer Jupp Heynckes holten Sie damals den Pott. Wie hat er sich in den letzten 15 Jahren verändert?

Er ist mit 67 Jahren genau so fit und schlank wie damals – nur heute sind die Haare grauer! Sonst hat sich wenig verändert. Wobei: So souverän, so hungrig habe ich ihn lange nicht gesehen.

Viele sagen, er sei ruhiger geworden, sei nicht mehr so verbissen.

Ach, verbissen war er 1998 schon nicht mehr. Wer in Spanien arbeitet, wird automatisch gelassener. Gegen manche Sachen kommst du dort überhaupt nicht an – zum Beispiel, dass die Spieler mittags am Tag des Spiels noch ein Glas Rotwein trinken. Das abzuschaffen hat sich nicht mal Fabio Capello getraut.

Was sagen Ihre Real-Quellen: Hört José Mourinho tatsächlich auf?

Das sieht tatsächlich so aus, auch wenn man sich auf keine Quelle zu hundert Prozent verlassen sollte. Mich würde es aber sehr überraschen, wenn er noch bliebe.

Heynckes wäre frei – der könnte nochmal bei Real...

Absolut! Sein Name ist neben Jürgen Klopp und Joachim Löw auf jeden Fall unter den Kandidaten. Warum nicht? Er kennt den Klub und hat auf der anderen Seite die mögliche Gelassenheit und Erfahrung. Wenn er Champions-League-Sieger wird, kann er sich’s aussuchen.

Sie selbst haben mit Reals Torhütern Casillas und López vor zwölf Jahren noch gemeinsam bei Real gespielt.

Es freut mich, wenn ich ab und an noch ein paar Spieler sehe, die damals noch aktiv waren. Dann denke ich mir immer: So alt biste doch noch nicht! (lacht)

Ihr Tipp fürs Finale: Bayern gegen den BVB?

Mit jedem Tag, der vergeht, sagt mir mein Kopf, dass für Real vielleicht doch noch was drin ist. Sehen Sie: Bayern lag vergangene Saison im Bernabéu nach 14 Minuten 0:2 hinten, so könnte es Dortmund auch gehen. Ein 3:0 ist für Real machbar – wenn Ronaldo in Top-Form ist.

Und Barça – chancenlos gegen Bayern?

5:0 gegen diese Bayern? Unmöglich!