AZ-Check: So könnte DFB-Elf der Zukunft aussehen

München - Dafür, dass sie als "alte, weiße Männer" kritisiert und verspottet wurden, legen die in die neue DFB-Taskforce berufenen Experten ein überraschend flottes Tempo vor.
Nur zwei Tage nach der offiziellen Vorstellung des Gremiums durch Präsident Bernd Neuendorf haben sich Oliver Kahn, Karl-Heinz Rummenigge (virtuell), Matthias Sammer, Hans-Joachim Watzke, Rudi Völler und Oliver Mintzlaff auf dem DFB-Campus zu einer ersten Sitzung, zu einem ersten Austausch getroffen.
"Wie kann die EM 2024 ein Erfolg werden?"
Schwerpunkt bei diesem rund zweieinhalbstündigen Meeting laut Neuendorf: "Wir haben nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der WM in Katar intensiv über Wege und Möglichkeiten gesprochen, wie wir künftige Turniere - insbesondere die Europameisterschaft 2024 im eigenen Land - wieder erfolgreich gestalten können." Bereits im Januar werde man sich erneut zusammensetzen.
Gut möglich, dass es neben der Suche nach einem Nachfolger von DFB-Manager Oliver Bierhoff dann auch ums kickende Personal und um folgende Frage geht: Wer waren die besten Spieler einer Mannschaft, die bei der WM-Endrunde viel zu früh ausgeschieden ist?
Viel Potential bei neuen Gesichtern
Die Zuhausegebliebenen, die Verletzten bzw. Nicht-Nominierten wie Florian Wirtz und Timo Werner. Natürlich wird man sich in vielen Jahren daran erinnern, dass der spätberufene Niclas Füllkrug zum 1:1 gegen Spanien traf, den besten Auftritt der deutschen Nationalelf in Katar ergebnistechnisch rettete. Auch an die spielerische Leichtigkeit und technische Klasse eines Teenagers namens Jamal Musiala, dem bei seiner ersten WM lediglich die Abschlussstärke und ein Weiterkommen seiner Mannschaft über die Vorrunde hinaus fehlten.
Kann die Nationalelf den EM-Titel holen?
Während der 29-jährige Mittelstürmer Füllkrug schon seinen Karriere-Höhepunkt erlebt haben könnte, hat der 19-jährige Musiala die Zukunft mit vielen weiteren Turnieren noch vor sich. Weil der Gastgeber der europäischen Endrunde bereits qualifiziert ist, bleiben bis Juni 2024 lediglich Freundschaftsspiele, um eine Mannschaft zu entwickeln, die um den Titel - klingt vermessen, sollte aber das Ziel sein - mitspielen könnte. Wie sieht sie aus die Elf 2024, welcher Konkurrenzkampf herrscht mittelfristig auf den einzelnen Positionen?
Die AZ wagt den Blick in die Zukunft:
Torwart:
Manuel Neuer wäre im übernächsten Sommer bereits 38. Der Bayern-Kapitän will jedoch weitermachen, schließt einen Rücktritt aus "solange ich eingeladen werde und meine Leistung zeige". Doch halten Körper und Form? Nach seinem Beinbruch beim Skitourengehen vor Weihnachten und dem damit verbundenen Saisonaus ist diese Frage dringlicher denn je. Für Marc-André ter Stegen (30) vom FC Barcelona, seit Jahren als Nummer zwei Neuers Stellvertreter, spricht neben seiner Klasse der Faktor Alter.
Abwehr:
In einer Dreierkette hätte der erfahrene Abwehrchef Antonio Rüdiger zwei dann gereifte Innenverteidiger neben sich. Nico Schlotterbeck, der seine erste WM erlebte, und Robin Koch. Zuletzt von viel Verletzungspech geplagt, sammelt er bei Leeds United wertvolle Premier-League-Erfahrungen. Als Alternativen stünden die flexiblen Thilo Kehrer und Benjamin Henrichs (nicht im WM-Kader) sowie Küken Armel Bella-Kotchap (20) bereit, von dem man beim DFB sehr viel hält. Angesichts der jüngeren Konkurrenz und des angestrebten Neuaufbaus sind die Nationalelf-Zeiten von Niklas Süle (27), Matthias Ginter (28), Christian Günter (29) und Lukas Klostermann (26) wohl passé.
Mittelfeld:
Als offensive Außenverteidiger bieten sich rechts Jonas Hofmann und der Wolfsburger Ridle Baku an, links David Raum und Supertalent Luca Netz (19/Gladbach). Als Mittelfeld-Chef und Sechser dürfte Joshua Kimmich weiter gesetzt sein, eine Alternative wäre Florian Neuhaus (25), der sich im Herbst verletzt hatte. Im Kreativzentrum gilt Zehner Musiala als der große Hoffnungsträger, auch Kai Havertz liegt diese Rolle mehr als die des Mittelstürmers. Für Leon Goretzka wird es schwer, seine Position zu behaupten. Thomas Müller (33) und Ilkay Gündogan (32) werden wohl ihre DFB-Karrieren beenden. Mario Götze dürfte nach fünf Jahren Nationalelf-Abstinenz mit seinen zwei Einwechslungen ein enttäuschendes Mini-Comeback ohne Götze-Moment erlebt haben.
Angriff:
In einem 3-4-3-System könnte Linksfuß Wirtz (19/Leverkusen) der neue Impuls über die rechte Seite sein, der Mainzer Jonathan Burkardt (22) hat dort mehr Entwicklungspotenzial als Karim Adeyemi oder Julian Brandt (beide in Katar ohne Einsatzminute). Dort könnten sich die Bayern-Profis Serge Gnabry und Leroy Sané ein Duell liefern, wer eines Tages mit einem starken Turnier wirklich den Durchbruch im DFB-Team schafft. Und ganz vorne, als Neuner? Der erwähnte Werner fehlte verletzt, zeigt sein Torjäger-Gen im DFB-Dress zu selten. Womöglich wird er mittelfristig von Youssoufa Moukoko abgelöst, der am Eröffnungstag der WM seinen 18. Geburtstag feierte - wenigstens ein Grund für deutsche Heiterkeit in Katar. 2024 soll es auf dem Platz wieder mehr zu feiern geben.