Aufsteiger SC Freiburg steht kurz vor seiner vierten Europacup-Teilnahme
Freiburg - Wenn die Bosse des Hamburger SV, des VfL Wolfsburg, von Bayer Leverkusen oder FC Schalke 04 auf den SC Freiburg schauen, müsste es ihnen eigentlich die Schamesröte ins Gesicht treiben. Denn während die millionenschweren Klubs mit ihrem Geld ganz offensichtlich nichts anfangen können, steht der Aufsteiger mit dem zweitkleinsten Etat der Bundesliga kurz vor dem Einzug in den Europacup.
Ein Sieg am Samstag gegen den FC Ingolstadt könnte bei entsprechenden Ergebnissen der Konkurrenz bereits den Startplatz in der Europa League sichern - der Sport-Club wäre damit zum vierten Mal in seiner Geschichte international dabei.
Die Relation aus den verfügbaren Mitteln und dem Ertrag macht daraus im Grunde eine Sensation - die Leistungen des FC Bayern, von RB Leipzig oder der TSG 1899 Hoffenheim verblassen daneben. Dass der Erfolg der Breisgauer ganz eng mit dem Namen von Trainer Christian Streich verbunden ist, dürfte mittlerweile ein offenes Geheimnis sein.
"Ohne Christian fangen wir nicht an"
Und doch war es dem früheren Meistercoach Ottmar Hitzfeld zuletzt ein Anliegen, dies noch einmal zu betonen. "Mein Trainer des Jahres ist Christian Streich. Er leistet über Jahre hinweg sensationelle Arbeit. Freiburg hat mit das niedrigste Budget der Bundesliga, was Streich dort leistet, geht mir immer zu sehr unter", sagte der Champions-League-Sieger mit den Bayern und Borussia Dortmund der Sport Bild: "Er hält die Mannschaft immer wieder oben, obwohl fast jedes Jahr die besten Spieler verkauft werden. Er muss immer wieder unbekannte Spieler holen und aufbauen. Das wird aus meiner Sicht überhaupt nicht gewürdigt."
Immerhin wissen die Freiburger Anhänger, die Arbeit Streichs zu würdigen. Nach den zurückliegenden Heimsiegen gegen Leverkusen (2:1) und Schalke (2:0) wurde der 51-Jährige, der seit mittlerweile fünfeinhalb Jahren die SC-Geschicke bestimmt, zum Feiern vor die Fankurve zitiert. "Ohne Christian fangen wir nicht an", skandierten die Anhänger.
Ohne den Christian, oder den Krischdjan - wie Streich in seiner alemannischen Mundart sagen würde - hätten die Fans wohl in der Tat weit weniger Anlass zum Jubeln. Doch nicht nur seine überragende Arbeit als Trainer macht Streich mittlerweile zu einem Aushängeschild der Liga.
Neustart fast von Null
Streich, der sein Toben an der Seitenlinie und seine Schiedsrichter-Schelte zuletzt auf ein erträgliches Normalmaß reduziert hat, ist sich auch seiner Vorbildfunktion bewusst geworden. Dass er zuletzt immer wieder klar Stellung zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen bezogen hat, macht ihn zum gefeierten Tugendwächter und Demokratie-Verfechter in den sozialen Netzwerken.
So war es nicht verwunderlich, dass Streich die Niederlage der rechtsextremen Marine Le Pen bei der französischen Präsidentenwahl am Sonntag höher einstufe als den SC-Sieg gegen Schalke. "Das ist vielleicht die wichtigste Meldung heute. Für Europa und für uns", sagte Streich.
Obwohl Streich definitiv ein Fußball-Verrückter ist, hat er es geschafft, das Geschäft richtig einzuordnen. Und so nimmt es der Familienvater mit Gelassenheit zur Kenntnis, dass er und seine Kaderplaner Jochen Saier und Klemens Hartenbach wohl wieder ihre besten Spieler - allen voran Maximilian Philipp und Vincenzo Grifo - nach Saisonende abgeben müssen.
"Wir wissen schon, was auf uns zukommt und wen wir unter Umständen verlieren", sagte Streich. Und wenn es so kommt, fängt der Coach eben wieder mit seiner Arbeit an - und die ist nicht nur nach Ansicht von Hitzfeld sensationell.
Keeper Schwolow verlängert
Torhüter Alexander Schwolow verlängerte seinen ursprünglich bis 2018 laufenden Kontrakt beim SC Freiburg vorzeitig. Das gab der Tabellenfünfte am Dienstag bekannt. Über die Länge des neuen Vertrages machten die Breisgauer wie üblich keine Angaben.
Der 24-jährige Schwolow hatte zuletzt das Interesse mehrerer Bundesligisten geweckt. Der Schlussmann war bereits als 16-Jähriger in die Freiburger Fußballschule gekommen und hatte in der Saison 2013/2014 sein Bundesliga-Debüt gefeiert. Nach einem Abstecher zu Arminia Bielefeld kehrte Schwolow 2015 zum Sport-Club zurück. Insgesamt trug er bisher in 66 Bundesliga- und Zweitligaspielen das Freiburger Trikot.