"Auf Müller ist Verlass, der macht immer Tore"

Im AZ-Interview spricht Uwe Seeler über den deutschen Angriff und seinen heftig kritisierten Freund Beckenbauer: "Das ist alles schade".
von  Maximilian Koch
Traf zum Start der WM-Qualifikation in Norwegen doppelt: Thomas Müller.
Traf zum Start der WM-Qualifikation in Norwegen doppelt: Thomas Müller. © GES/Augenklick

Der 79-jährige Hamburger traf für die deutsche Nationalelf in 72 Spielen 43 Mal. 1966 wurde Seeler in England Vize-Weltmeister.

AZ: Herr Seeler, haben Sie die Aussagen von Oliver Bierhoff zum Hamburger Publikum mitbekommen?
UWE SEELER: Nein, was hat er denn gesagt?

Er meinte, dass die HSV-Fans in letzter Zeit nicht gerade verwöhnt wurden und es die deutsche Mannschaft am Samstag gegen Tschechien deshalb leichter hätte, für Begeisterung zu sorgen.
Naja gut, wenn die Nationalmannschaft in Hamburg spielt, herrscht immer Begeisterung. Aber der Oliver hat schon recht, im Moment ist der Fußball hier nicht besonders toll. Vielleicht wird das Hamburger Publikum am Samstag mal wieder verwöhnt, da bin ich eigentlich auch von überzeugt.

Sind Sie im Stadion?
Natürlich. Länderspiele in Hamburg und Uwe geht nicht hin? Das gibt’s nicht (lacht)!

Einen Ihrer Nachfolger als Mittelstürmer werden Sie dann allerdings nicht sehen: Mario Gomez fällt verletzt aus. Muss man sich Sorgen um den deutschen Angriff machen?
Ich glaube, dass wir trotz der Verletzung von Gomez kein Problem im Angriff haben und Tore schießen werden gegen Tschechien.

Was macht Sie da so sicher? Braucht die Nationalelf keinen klassischen Mittelstürmer?
Es gibt ja genug Spieler, die auch mal ein Tor treffen. Das wird der Jogi schon hinkriegen.

An welche Spieler denken Sie da?
Thomas Müller schießt immer Tore. Auf ihn ist Verlass, da müssen wir uns gar keine Sorgen machen, auch wenn er für die Bayern zuletzt nicht so oft traf. Und es gibt auch noch andere Spieler wie Mario Götze oder Julian Draxler, die torgefährlich werden, wenn der Mittelstürmer mal nicht dabei ist.

Wie ist die deutsche Gruppe einzuschätzen mit Gegnern wie Tschechien oder Nordirland am Dienstag?
Man muss grundsätzlich jeden Gegner ernst nehmen. Aber das sollte die deutsche Mannschaft schon schaffen (lacht).

Um dann als großer Favorit und Titelverteidiger zur WM nach Russland zu reisen?
Auf jeden Fall gehört Deutschland zu den Top-Favoriten, das wird sich auch bis zur WM nicht ändern. Frankreich dürfte wie bei der EM ein starker Gegner sein.

Hatten Sie in letzter Zeit eigentlich mal Kontakt zu Ihrem Freund Franz Beckenbauer?
Ja, wir haben schon mal telefoniert.

Wie geht es ihm, nachdem er wegen der WM-Vergabe 2006 stark in die Kritik geraten ist?
Darüber haben wir gar nicht gesprochen. Es ging eher um seine Erkrankung (eine Herz-OP, Anm. d. Red.)

Wie sehen Sie denn die Diskussion um das mutmaßlich gekaufte Sommermärchen?
Ich finde es schade, dass das alles so passiert ist. Wir sollten trotzdem glücklich sein, dass wir eine tolle WM hatten. Das war ein einmaliges Erlebnis, jetzt sollte endlich mal Ruhe einkehren.

Kommen wir nochmal zu einem erfreulicheren Thema: Sie werden am 5. November 80 Jahre alt. Was wünschen Sie sich zu Ihrem Geburtstag?
Ich wünsche mir vor allem mal wieder drei Punkte vom HSV (lacht). Aber an diesem Tag spielen wir zuhause gegen Dortmund, das wird ziemlich schwer.

Haben Sie eine große Party geplant?
Nein, ich feiere nur im kleinen Kreis in der Familie, wobei dieser Kreis ziemlich groß ist. Ich habe allen gesagt, dass ich mir nichts Besonderes wünsche. Wenn doch, dann vielleicht einen Beitrag für meine Stiftung, damit krebskranken Menschen geholfen werden kann.

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