Angezählter Bundestrainer Löw: Ende der Ausreden

Joachim Löw steht unter Druck wie noch nie in seiner Zeit als Bundestrainer. "Ich weiß, dass man jetzt liefern muss", sagt er.
Maximilian Koch |
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Boris Roessler/dpa

Wolfsburg - Die Gegner von Joachim Löw werden immer namhafter und lauter, da tut es gut, dass zumindest ein anderer Störenfried besiegt ist: Der Zahnschmerz. "Es ist insgesamt besser", berichtete der Bundestrainer am Dienstag über seine Wurzelbehandlung, die ihn zu einer verspäteten Anreise nach Wolfsburg gezwungen hatte. Doch nun seien "die Schmerzen so weit weg", erklärte Löw. Ein kleiner Trost in schwierigen Zeiten.

Denn dass der 59-Jährige unter Druck steht wie nie zuvor in seiner Karriere als DFB-Coach, ist keine gewagte These. Auch wenn sich Löw weiter cool gibt. Ein Plausch hier, ein Schwätzchen da – vor der Pressekonferenz gestern zog Löw seine Trainingsjacke aus und schwang sie über einen Stuhl. Er schlürfte genüsslich Espresso.

Löw: "Wir brauchen Ergebnisse"

Die Kritik von Ex-Gefährte Jürgen Klinsmann, der die Entwicklung der DFB-Elf als "sehr besorgniserregend" bezeichnet hatte? Löw versuchte, sie kleinzureden. "Ich bin seit 14 Jahren in dieser Position, ich verstehe, mit Druck umzugehen", sagte der Bundestrainer. Und doch wisse er, dass man jetzt "liefern" müsse, sagte Löw: "Wir brauchen Ergebnisse und ein ganz anderes Auftreten."

Diese Meinung ist beim DFB mehrheitsfähig, was zurzeit ja auch schon Nachrichtenwert hat. Direktor Oliver Bierhoff forderte von Löw und seinem Team eine "souveräne" EM-Qualifikation, denn es gebe weiter "viel Qualität in der Mannschaft". Bierhoff: "Ich möchte kein Untergangsszenario aufstellen. Wir können auf eine gute Basis zurückgreifen. Und das müssen wir in den nächsten zwei bis vier Jahren ausnutzen."

Eine lange Schwächephase soll verhindert werden

Eine Entwicklung wie in den Niederlanden oder Frankreich, die lange Schwächeperioden hatten, ehe sie wieder zu den Topnationen der Welt zählten, soll unter allen Umständen verhindert werden. "Wir wollen möglichst schnell zurück in die Weltspitze finden", stellte Bierhoff klar.

Doch ob Löw der richtige Mann dafür ist? Die Zweifel sind nach der blamablen WM in Russland und dem Abstieg in der Nations League sehr groß geworden. "Man hat gedacht, dass es in Russland nur ein Unfall war, aber leider ist es nicht nur ein Unfall gewesen", sagte der neue RTL-Experte Klinsmann, der Löws Zukunft von den kommenden Spielen abhängig macht: "Wenn du CEO einer großen Company bist, dann musst du die Bilanzen zeigen, musst die Ergebnisse zeigen. Und wenn die nicht stimmen, musst du irgendwann gehen."

Kritischer FCB-Boss Rummenigge

Harte Worte, die aber auch andernorts geteilt werden dürften. Fragen Sie mal nach beim FC Bayern! Nach der Verbannung des Weltmeister-Trios Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng äußerte sich der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge zuletzt kritisch in der AZ. Löw habe mit der Entscheidung gegen die Bayern-Größen "eine große persönliche Verantwortung übernommen", sagte Rummenigge.

"Denn von Fußball-Deutschland wird jetzt erwartet, dass die Qualifikation zur Europameisterschaft 2020, die ja auch in München stattfindet, gelingt. Und dass die deutsche Mannschaft wieder den attraktiven Fußball zeigt, den man in den vergangenen zehn Jahren genießen durfte."

Löws letzte Chance

Das ist der Anspruch an Löw und sein verjüngtes Team. Natürlich gehe er "ein Risiko" ein mit Spielern, die international über wenig Erfahrung verfügen, sagte der Bundestrainer: "Wir wollen eine gute Qualifikation spielen, uns nicht einfach durchwurschteln."

Es ist Löws letzte Chance, die Zeit der Ausreden ist vorbei. "Unsere Spielweise wird nicht völlig über den Haufen geworfen", kündigte er an: "Dass der Ballbesitzfußball tot ist, ist völlig falsch." Und doch wird sich der Stil, wie schon in der Nations League zu erkennen, ändern. "Mehr Tempo, Dynamik, Zielstrebigkeit" wolle er sehen, sagte Löw: "Wir stehen vor einer neuen Zeitrechnung." Die Frage ist nur: Mit oder ohne Zahnschmerzen?

Lesen Sie hier: Zwist zwischen FC Bayern und DFB - Muskelspiele der Giganten

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