Allofs: Gut, dass Diego bei Juventus gelandet ist

Werders Sportdirektor Thomas Allofs freut sich, dass sein Verein auf einen FC Bayern ohne den früheren Bremer Superstar trifft. Außerdem erklärt er, was er an seinem Münchner Kollegen Uli Hoeneß bewundert.
AZ: Herr Allofs, Ihr Bayern-Kollege Uli Hoeneß sitzt ja bekanntlich seit dieser Saison auf der Tribüne. Haben Sie eigentlich mal daran gedacht, das Spiel gemeinsam mit ihm von oben aus anzusehen?
KLAUS ALLOFS: Nein, ich sitze bei allen Auswärtsspielen auf der Bank.
Aber Sie können sich sicher vorstellen, was er dort oben durchmacht.
Die Umstellung auf die Zuschauerperspektive ist mit Sicherheit schwierig für ihn. Statt dicht an den Spielern, ist er jetzt dicht an den Fans, und bekommt alle Kommentare mit – auch die unsachlichen. Wie wir gesehen haben, hat das bereits letztes Wochenende zu Diskussionen mit Zuschauern geführt.
Uli Hoeneß nicht mehr am Spielfeldrand: Geht der Liga dadurch nicht ein Stück Unterhaltungswert verloren?
Das glaube ich nicht, denn er wird unverändert präsent sein. Seine Kommentare und seine Meinung sind weiterhin gefragt und er wird sie auch weiterhin äußern.
In der Vergangenheit hatten Sie beide immer wieder emotionale Diskussionen. Dennoch sagte Hoeneß als es um seine Nachfolge ging: „Wenn ich aussuchen könnte, würde ich Klaus zu den Kandidaten zählen.“
Wenn der erfolgreichste Manager der Liga sich so äußert, hört man das natürlich gerne. Aber Fakt ist: Ich hatte damals einen langfristigen Vertrag bei Bremen und habe ihn auch heute noch. Insofern habe ich mich nicht näher damit beschäftigt.
Aber unter anderen Umständen?
Damit Sie das nicht falsch verstehen: Ich habe nie danach gestrebt, zum FC Bayern zu gehen. Aber Bayern ist der Marktführer in der Bundesliga und insofern ist ein Angebot natürlich immer ein Thema.
Sie selbst wirken immer so gelassen. Bringt Sie eigentlich nichts aus der Ruhe?
Das täuscht! Es ist durchaus angebracht, hin und wieder aus der Haut zu fahren. Das passiert auch mir.
Und was lässt Sie aus der Haut fahren?
Unprofessionelles Verhalten. Man muss in diesem Job viele Facetten haben. Auf der einen Seite hat man eine Vorbildfunktion, muss besonnen handeln. Auf der anderen Seite gehören Emotionen dazu, wenn man diesen Beruf liebt und lebt. Uli Hoeneß verkörpert das in guter Art und Weise.
Generell herrscht allerdings auch der Eindruck, dass es bei Ihnen in Bremen beschaulicher zugeht als in München.
Der FC Bayern polarisiert ja auch sehr viel mehr als Werder Bremen.
Wie ist Ihre Haltung gegenüber Ui Hoeneß?
Wir haben uns gefetzt, dies aber immer unmittelbar nach dem Spiel wieder aus der Welt geschafft. Ich habe großen Respekt vor Hoeneß. Die berufliche Zusammenarbeit war immer professionell. Ich bewundere ihn für seine Leistungen als Spieler und insbesondere für das, was er als Mann in der Verantwortung für den FC Bayern getan hat.
Bei Ihrem letzten Auftritt in der Allianz Arena siegte Werder mit 5:2. Dazu wird es wohl an diesem Samstag nicht kommen...
Wir wären sicher lieber mit drei Punkten im Rücken gekommen, aber wir haben keine Angst vor Bayern. Es hieß, unsere Mannschaft sei in keiner guten Verfassung – das sehe ich nicht so.
Wie stark wird der FC Bayern in dieser Saison die Bundesliga dominieren?
Mit Mario Gomez haben sie den Topstürmer der Liga, im Abwehrbereich und im Mittelfeld haben sie sich verstärkt. Also: Die Vorzeichen sind gut, aber das waren sie auch im letzten Jahr – und Wolfsburg wurde Meister.
Die Bayern haben Franck Ribéry, Werders langjähriger Spielmacher Diego ist zu Juventus Turin gegangen. Wie sehr vermissen Sie ihn?
Natürlich ist das eine Schwächung, aber auch eine Chance für andere Spieler in die Lücke zu stoßen. Diego war ein Aushängeschild für Werder. Aber es ist nicht das erste Mal, dass wir einen sehr guten Spieler kompensieren müssen: Klose, Micoud, Ailton...
Und oftmals war hierbei Bayern im Spiel. Warum konnte der Rekordmeister Diego nicht für sich gewinnen?
Die Weichen waren zu einem frühen Zeitpunkt Richtung Turin gestellt.
Sehen Sie ihn dort lieber?
Rein sportlich ja. Diego hat man nicht gerne als Konkurrent in der eigenen Liga.
Tim Borowski ist ablösefrei zu den Bayern gewechselt, konnte sich dort nicht durchsetzen, und jetzt haben Sie viel Geld bezahlt um ihn wieder zurückzuholen.
Wie kommen sie darauf? Viel war es nicht, eine Summe in einer absolut vertretbaren Größenordnung.
Es muss Sie doch ärgern, wenn immer wieder Spieler, die Sie mühsam aufgebaut haben zu den Bayern wechseln?
So ist das Geschäft. Der sportliche- und der finanzielle Anreiz zu Bayern zu wechseln ist groß. Das müssen wir akzeptieren, auch wenn das aus sportlicher Sicht oft ärgerlich ist.
Interview: Boris Breyer