Alles wegen einer Fahne: Die Schande von Schalke

Gelsenkirchen - Sportlich war das 1:1 der Schalker im Champions-League-Qualifikations-Hinspiel gegen PAOK Saloniki eher zum Vergessen. Ohne eine Leistungssteigerung im Rückspiel droht die Königsklasse in diesem Jahr ohne Königsblau stattzufinden.
Ganz sicher nicht so schnell vergessen werden darf aber das, was nach Salonikis Tor zum Ausgleich in der Nordkurve der Schalker Arena geschah. Ohne Vorwarnung stürmte mindestens eine Hundertschaft an behelmten Polizisten den Schalker Fanblock. Im Verlauf des massiven Einsatzes prügelten die Polizisten sich teilweise mit Gummiknüppeln den Weg frei, dazu verspritzten sie Tränengas in die Menge – auch in Richtung von Sanitätern, Jugendlichen und Familien mit Kindern.
30 Personen mussten die Augen ausgespült werden, eine Frau soll mit Atemproblemen ins Krankenhaus gebracht worden sein. Randaliert hatte im Block zuvor niemand. Es ging um etwas anderes.
Die Schalke-Verantwortlichen kritisieren das Vorgehen der Polizei aufs Schärfste. „Dieser Einsatz war völlig unverhältnismäßig. Wir können dies absolut nicht gutheißen und bringen dafür nicht das geringste Verständnis auf", sagt Vorstand Peter Peters. Der Einsatz sei weder mit dem Klub abgestimmt gewesen, noch wäre er „auch nur ansatzweise” gefordert oder gutgeheißen worden.
Die Polizei dagegen rechtfertigte das massive Vorgehen. „Zur Sicherung des polizeilichen Einsatzes und insbesondere zum Schutz der eingesetzten Kräfte war ein massiver Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock notwendig”, teilte die Behörde am Donnerstag mit.
Und das alles wegen einer Fahne.
Die Ultras GE, die Ultragruppierung der Schalker, hielten während des Spiels eine Flagge hoch, die sie von den befreundeten Ultras aus der mazedonischen Hauptstadt Skopje geschenkt bekommen hatten. Die Fahne hängt seit einiger Zeit immer wieder mal im Stadion, auch als Schalke letzte Saison gegen Olympiakos Piräus spielte. Damals blieb alles ruhig. Am Mittwoch – und genau das wirft die Frage auf, ob die Schalke-Fans bewusst provozieren wollten – kam der Gegner aber aus Thessaloniki, der Hauptstadt der griechischen Region Makedonien. Für viele Makedonier dürfte der Staat Mazedonien gar nicht existieren. Die Saloniki-Anhänger jedenfalls fühlten sich provoziert, drohten laut Polizeiangaben, den Block zu stürmen. Außerdem erfülle „allein das Zeigen der roten Fahne den Tatbestand der Volksverhetzung”, sagte eine Polizeisprecherin der ARD.
Eine rechtlich äußerst fragwürdige, wenn nicht sogar schlicht falsche These. Tatsächlich hatten die mitgereisten griechischen Beamten die deutschen Polizisten aufgefordert, die Fahne zu entfernen, da diese volksverhetzend sei. Aber seit wann entscheiden griechische Beamte darüber, was in Deutschland als volksverhetzend gewertet werden darf?
„Uns stört das Verhalten der griechischen Behörden mehr als das der Polizei. Das war eine Umkehrung des Sachverhalts”, schrieb Peters bei Twitter: „Wir stellen uns schützend vor unsere Fans.”
Die Fahne wurde übrigens nicht sichergestellt, hing nach dem Einsatz noch am Zaun. Dass man hätte versuchen können, sie von vorn abzunehmen und der Einsatz im Block so obsolet gewesen wär? Daran hatten die Beamten im Eifer des Gefechts wohl nicht gedacht.