Alles oder nichts: Für drei Rio-Helden geht es jetzt um die DFB-Karriere

Herzogenaurach - Rund 1200 Zuschauer waren am Dienstag zum Training in Franken gekommen, um ihn zu sehen: den Nationalhelden, den Weltmeister von 2014, Miroslav Klose. Der 46-Jährige ist die Attraktion am Valznerweiher als neuer Trainer des Zweitligisten 1. FC Nürnberg. Eine neue Aufgabe für den ehemaligen Mittelstürmer zehn Jahre nach dem Triumph von Rio de Janeiro, den er damals gemeinsam mit Manuel Neuer, Toni Kroos und Thomas Müller feierte.
Nicht weit weg, in Herzogenaurach, bereitete sich das Trio am Freitagmorgen auf das EM-Achtelfinale gegen Dänemark vor. Die einen beim Abschlusstraining, der alte Kumpel ganz in der Nähe beim Grundlagenaufbau für die kommende Saison. Für einen Besuch im DFB-Quartier hatte Klose keine Zeit, natürlich drückt er dem Ü30-Trio am Samstag, wenn in Dortmund (21 Uhr, ZDF, MagentaTV und im AZ-Liveticker) die K.o.-Phase startet, kräftig die Daumen. Motto: Macht bloß keinen Däne-quark!
Der letzte K.o.-Sieg der Nationalmannschaft liegt acht Jahre zurück
Nach Ende der Gruppenphase beginnt ein neuer Wettbewerb. Hopp oder top. Tränen oder Triumph. In jedem Spiel lauert die Falltür, schlimmstenfalls im Elfmeterschießen. Klose kennt diese knifflige Transformation von der Gruppenphase in die K.o-Runde. 2014 in Brasilien quälte man sich und die Fans mit einem 2:1 nach Verlängerung gegen Algerien.
Bei den vorigen drei Turnieren erreichte Deutschland nur einmal die Runde der letzten 16, scheiterte bei der EM 2021 an England (0:2). Die WM 2018 und 2022 endeten jeweils mit einem desaströsen Vorrunden-Aus. Das letzte gewonnene K.o.-Spiel der DFB-Geschichte überhaupt? Bei der EM 2016 in Frankreich, das Viertelfinale gegen Italien - ein Erfolg im Elfern. Vor acht Jahren...
Für Kroos könnte jetzt jedes Spiel das letzte seiner Karriere sein
Auch da waren sie alle dabei. Neuer (38), Müller (34) und Kroos (34). Seit 2009 bzw. 2010 haben sie die Nationalelf geprägt, kommen gemeinsam auf 364 Länderspiele und unzählige Titel in ihren Vereinen Schalke 04 (Neuer), Real Madrid (Kroos) und FC Bayern (alle drei). Eine gemeinsame Ära, die das Trio bereits in Rio mit dem Finaltriumph über Argentinien vergoldete und am 14. Juli in Berlin mit dem silbernen EM-Pokal abrunden will.
Vier Spiele noch, bestenfalls. "Natürlich wäre das fast zu kitschig, dieses Ende, aber ich würde es nehmen", sagte Kroos. Aber es kann eben auch ganz schnell, urplötzlich vorbei sein. Für Kroos ist nun jede Partie sogar die womöglich letzte der gesamten Karriere mit seinen bisher 112 Länderspielen (17 Tore). Im März hatte er sein DFB-Comeback gefeiert, bisher sechs Mal als Spielmacher das Zepter im Mittelfeld geschwungen. Das Aus bei der EM wird auch sein Aus als Profi sein. Ein jähes Ende diesen Samstag wäre seiner Karriere unwürdig.
Erzielt Müller noch sein erstes EM-Tor?
Und was wird aus den Bayern-Profis Neuer und Müller, die in München noch einen Vertrag bis 2025 haben und gemeinsam auf ihr letztes Karrierejahr zusteuern? Müllers Devise lautet: Als Nationalspieler tritt man nicht zurück, eine Einladung ist eine Verpflichtung. 2019 wurde er von Joachim Löw aussortiert, war nach seinem Comeback bei der EM 2021 und WM 2022 im Kader.
Mit mehr Spielzeit als bisher. Auf der aktuellen EM-Uhr von Müller sind lediglich die 17 Minuten in seinem Heimstadion beim Eröffnungsspiel in München gegen Schottland (5:1). Sein allererstes EM-Tor scheint unerreichbar für den Joker, der in der Einwechselhierarchie weit nach hinten gerutscht ist. Viel eher wird Müller (130 Länderspiele) als "Schmiermittel" und "Connector" zwischen den Generationen im Team gebraucht.
Macht Manuel Neuer nach der EM noch weiter?
Neuer zögert noch mit seinem Entschluss. Der Torhüter spielt sein achtes Turnier als Nummer eins seit der WM 2010, ist EM-Rekordtorwart (18 Spiele), deutscher Rekordtorwart (122 Länderspiele). Ein Rücktritt nach der EM? "Das kann ich jetzt noch nicht verraten", sagte der Senior der Mannschaft: Klingt nach: Er hat eine Entscheidung getroffen. Sein ewiger Ersatzmann Marc-André ter Stegen (32) wird es erst glauben, wenn Neuer seinen Rücktritt verkündet hat.
"Für die Zukunft müssen wir Lösungen finden, denn wir haben den ältesten Kader", kündigte Bundestrainer Julian Nagelsmann mit Blick auf die Nordamerika-WM 2026 an, wir werden ein paar jüngere Spieler brauchen." Wehmut ante portas.