Ära Löw endet im EM-Achtelfinale: Risse im Denkmal
Er hatte noch einmal alles probiert, sich noch einmal aufgerafft und gegen alle Widerstände versucht anzukämpfen. Weltmeistertrainer Joachim Löw kämpfte weit vor Beginn dieser EM um sein eigenes Lebenswerk. Nach der katastrophalen WM 2018 in Russland mit dem historisch schlechten Vorrunden-Aus ließ er sich nicht von der öffentlichen Meinung aus dem Amt treiben, machte beherzt und trotzig weiter.
Löw trieb den – allseits geforderten – Umbruch voran, jedoch lediglich personell. Die spielerisch-taktische Entwicklung blieb im Zuge des abrupten Vor-die-Tür-Setzens der Leitfiguren Thomas Müller, Jérôme Boateng und Mats Hummels auf der Strecke. Die Mutprobe vom Frühjahr 2019 mündete in die -allseits geforderte - Nicht-Mutprobe vom Mai 2021, zumindest Müller und Hummels zurückzuholen.
Löw verpasste es, eine Einheit zu schaffen
Bereits vorher, im März, hatte Löw den letzten Joker auf den Tisch gelegt und sein Rückzugsdatum vorgezogen. Auf: Heute. Damit wollte der Bundestrainer seiner Mannschaft einen letzten Impuls geben und sich dem kompromisslosen Coaching hingeben. Man vertraute ihm, dem Turniertrainer und der Turniermannschaft. Er schien sich noch einmal zu straffen.
Doch die Falten des deutschen Spiels, die sich in den letzten Jahren ins Gesicht dieser Mannschaft eingeschlichen hatten, konnten auch die Rückkehrer nicht wegretuschieren. Löw bekam es nicht hin, die Helden von Rio 2014 mit ihrer so talentierten Nachfolger-Generation um Havertz, Gnabry, Kimmich, Goretzka und Rüdiger zu einer geschmeidigen Einheit zu vermengen.
Wie gut für den DFB, dass nun keine Diskussion um Löws Erbe beginnt. Hansi Flick, der bayerische Sieben-Titel-Held, steht in den Startlöchern. Es beginnt höchstens eine Diskussion um Löws Schaffen. Sein Denkmal hat Risse bekommen.