Adios, blonder Engel!
MADRID - Nach exakt 17 Monaten im Amt ist Bernd Schuster als Trainer bei Real Madrid entlassen worden – weil er zunehmend für Irritationen gesorgt hat.
Der Vorwurf lautet: Vorzeitige Aufgabe. Also musste Bernd Schuster dran glauben, musste gestern als Trainer von Real Madrid vorzeitig aufgeben. Die Entlassung hatte Schuster durch folgende, viel zu lässige, viel zu überhebliche Aussage mit Blick auf „El Classico“, die Partie von Real bei Erzfeind FC Barcelona am kommenden Samstag, provoziert: „Es ist unmöglich, in Nou Camp zu gewinnen. Ich denke, es ist ihr Jahr. Wir werden versuchen, eine gute Show zu bieten, mehr können wir nicht tun.“
Er sagte dies am Montag. Seit gestern, Dienstag, soll Juande Ramos, früher beim FC Sevilla und Tottenham, mehr tun. Schon heute im letzten Vorrundenspiel der Champions League gegen Zenit St. Petersburg. Ramos leitete das Abschlusstraining um 17 Uhr, vier Stunden zuvor war Schuster nach einem 30 Minuten dauernden Gespräch mit Real-Sportdirektor Predrag Mijatovic entlassen worden.
Eine Katastrophe? Nicht nur eine ist eingetreten. „Wir werden mit Schuster ganz sicher bis zum Ende der Spielzeit gehen“, hatte Real-Präsident Ramon Calderon vor kurzem gesagt und angekündigt: „Es müsste schon eine Katastrophe geschehen, um diese Situation zu verändern.“ Es geschahen zwei. Die vorzeitige Aufgabe gegen Barca und die tatsächliche am Sonntag gegen den FC Sevilla: Real verlor vor eigenem Publikum 3:4. Neun Punkte hinter Barcelona, 12 befürchtet, da hieß es: Adios, blonder Engel!
Vor genau 17 Monaten wurde der Ex-Nationalspieler verpflichtet und gewann 2008 die Meisterschaft, doch das schwache Abschneiden in der Champions League wurde ihm immer wieder vorgeworfen. Überworfen hatte er sich schon längst mit den Reportern des Landes.
Mehrmals verließ der bärbeißige „Don Bernardo“ vorzeitig und kommentarlos Pressekonferenzen. Wenn er blieb, legte er sich mit den Journalisten an. Nach einer Niederlage gegen Valladolid meinte er, die Mannschaft habe diese „nicht verdient“, er selbst habe auch etwas „nicht verdient“, nämlich dass man ihn frage, ob er sich in der Lage sehe, den negativen Trend zu korrigieren. Als ihm ein Journalisten vorhielt, Valladolid habe in der ersten Halbzeit mehr Ballbesitz gehabt, entgegnete Schuster: „Ah, ja? Wusste ich nicht. Habe ich anders gesehen.“ Nach dem über die Maßen für Weltklub Real peinlichen Aus im spanischen Königspokal gegen Real Unión de Irún – ein drittklassiges Team, noch dazu in Hin- und Rückspiel – spielte sich folgender Dialog auf der nächtlichen Pressekonferenz ab:
Reporter: „Wie kann es sein, dass Real Madrid so viele Tore kassiert? Gleich sechs von einem Drittligisten in zwei Partien?“ – Schuster: „Keine Ahnung. Kann ich dir nicht weiterhelfen.“ – Reporter: „Sind Sie um ihren Job besorgt?“ – „Ich nicht. Aber ich kann verstehen, dass andere es sind. Sie haben jedes Recht dazu. Ist nur logisch.“ Dann schwieg er, 20 Sekunden. Der Pressesprecher beendete die groteske Situation.
Präsident Calderon beendete gestern Schusters Zeit bei Real. „Entlassung angebracht“, hatte die Sportzeitung „As“ am Montag getitelt. „El Mundo“ schrieb: „Real verlangt nach Schusters Autopsie“. Nun ist er entlassen. Es wird nun um die Abfindung gehen, sein Vertrag lief bis 2010. Das Duell seiner Ex-Vereine Barcelona gegen Real kann er im TV verfolgen. Er, das Barca-Vereinsmitglied Nummer 115088. ps
- Themen:
- Champions League
- FC Barcelona
- Real Madrid