Abgehängt! Warum der deutsche Fußball nur noch zweitklassig ist

Nach dem Aus der Bayern gegen Liverpool steht der deutsche Fußball so schlecht da wie zuletzt 2006. "Ein Fingerzeig, dass wir nicht alles richtig machen", sagt Ballack. Hummels hofft auf DFB-Comeback.
von  Maximilian Koch
Manuel Neuer FC Bayern FC Liverpool
Manuel Neuer FC Bayern FC Liverpool © Peter Kneffel/dpa

München - Zwischen Frankfurt am Main und dem schweizerischen Nyon liegen mehr als 550 Kilometer, doch an diesem Freitag sind beide Orte eng miteinander verbunden.

Während Bundestrainer Joachim Löw um 12.30 Uhr in der DFB-Zentrale den Kader für die Länderspiele gegen Serbien (20. März) und die Niederlande (24. März) bekanntgibt und dabei auch noch mal über die Verbannung der Bayern-Stars Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng sprechen wird, trifft sich zeitgleich am Genfer See die europäische Fußballelite – ganz ohne deutsche Beteiligung.

Kein deutsches Team im Viertelfinale der Champions League

Erstmals seit 13 Jahren hat sich kein Bundesliga-Team fürs Viertelfinale der Champions League qualifiziert, im Lostopf sucht man diesmal auch den FC Bayern vergeblich. Überraschend kommt diese Entwicklung nicht: Der deutsche Fußball ist abgehängt worden – auf Vereinsebene und bei den Nationalteams. "Wir sind bei der WM zeitig ausgeschieden, in der Nations League abgestiegen. In der Champions League war für alle deutschen Mannschaften im Achtelfinale Schluss. Das ist ein Fingerzeig, dass wir nicht alles richtig machen", sagte der frühere Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack bei Sky und forderte: "Wir dürfen die Dinge nicht schönreden." Neben Bayern scheiterten auch Borussia Dortmund (gegen Tottenham Hotspur) und Schalke 04 (gegen Manchester City) im Königsklassen-Achtelfinale. Für alle drei deutschen Teams waren die englischen Kontrahenten zu stark. Eine Momentaufnahme? Nein, ein Trend! Immerhin: Mit ter Stegen (Barcelona), Can und Khedira (Juventus) sowie Gündogan und Sané (ManCity) sind fünf deutsche Profis noch im Rennen.

"Es ist kein Zufall, dass die Engländer uns da ein Stück davongelaufen sind", sagte Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge im AZ-Interview: "Die Engländer kaufen sich Know-how ein. Sie haben die besten Manager und Trainer der Welt geholt." Zudem hätten die Engländer "eine bessere Ausbildung als wir bei Spielern im Alter von zehn bis 18 Jahren", so Rummenigge weiter: "In Deutschland wurde ja immer das Kollektiv gefördert, nicht der individuelle Spieler. Das war die falsche Entscheidung des DFB. Das gilt es jetzt schnell zu korrigieren."

Probleme sind struktureller Natur

Nur: Wie schnell geht das? Löw wird bei der Nominierung wohl mit dem einen oder anderen jungen Spieler aus der Bundesliga überraschen, die Probleme liegen aber tiefer, in der Nachwuchsförderung. Sie sind struktureller Natur. Umso überraschender kam Löws Entschluss, in Zukunft auf das Bayern-Trio Müller, Hummels und Boateng zu verzichten. Denn Alternativen drängen sich nicht in Hülle und Fülle auf.

Ob der Bundestrainer vielleicht doch noch umdenkt? Hummels hält ein DFB-Comeback für möglich. "Ich würde es zumindest nicht ausschließen. So schlecht sind wir alle drei immer noch nicht", sagte der 30-Jährige nach der bitteren Niederlage gegen Liverpool. Müller hatte bereits erklärt: "Das Spiel ist noch nicht aus."

Auf die Frage, ob er weiter für das Nationalteam bereitstünde, antwortete Hummels, der 70 Länderspiele bestritten hat: "Wenn es darum geht, für Deutschland zu spielen, steht das über allem." Man müsse nun einfach mal schauen, "was da in der Angelegenheit noch passiert. Vielleicht gibt es mal Verletzungsprobleme. Vielleicht sind wir doch noch gut genug, wenn dann eine EM vor der Tür steht. Es ist alles möglich", erklärte Hummels.

Wie Löw das sieht, beantwortet der Bundestrainer am Freitag in Frankfurt. In Nyon rollen parallel die Loskugeln – und die abgehängten Bundesliga-Klubs sind nur Zuschauer.

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