„Ottes, Sie sind mein Mann!” Trauer um Ottmar Walter

Ottmar Walter, der Bruder des großen Fritz Walter, stirbt mit 89 Jahren in Kaiserslautern. DFB-Präsident Niersbach würdigt den „Helden von Bern”: „Wunderbarer Mensch”.
Hartmut Scherzer |
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Fußball-Deutschland trauert um den 1954er Weltmeister Ottmar Walter. Walter starb am 16.06.2013 im Alter von 89 Jahren.
dpa Fußball-Deutschland trauert um den 1954er Weltmeister Ottmar Walter. Walter starb am 16.06.2013 im Alter von 89 Jahren.

Der Bruder des großen Fritz Walter stirbt mit 89 Jahren in Kaiserslautern. Niersbach würdigt den „Helden von Bern”: „Wunderbarer Mensch”

Kaiserslautern - "Ein Sieg des FCK wäre gewiss ein schönes Geburtstagsgeschenk.”

Anneliese Walter wünschte ihrem Mann Ottmar diesen Erfolg zum 87.Geburtstag. Das war am 6.März vor zwei Jahren, vor dem Südwest-Derby Eintracht Frankfurt gegen den 1.FC Kaiserslautern (0:0). Ottmar Walter war da vor Hans Schäfer (heute 85) und Horst Eckel (heute 81) der älteste der drei noch lebenden Fußball-Weltmeister von 1954. Sein Bruder Fritz war 2002 während der WM im Alter von 81 Jahren verschieden. Nun ist am Sonntag auch der drittletzte Held von Bern gestorben, mit 89 daheim in Kaiserslautern. Ottmar Walter wird uns allen nicht nur als herausragender Sportler in Erinnerung bleiben, sondern auch als wunderbarer Mensch, der sein Leben lang für Bodenständigkeit und Bescheidenheit stand”, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach,

„Wir sind zufrieden”, hatte Anneliese Walter einst bescheiden berichtet. Seit 2009 hatte sie täglich ihren Mann in einem Pflegeheim betreut. Seit einem Sturz vor gut vier Jahren saß Ottmar Walter im Rollstuhl mit drei Knie- und Hüftprothesen. „Er kann nicht mehr laufen”, sagte seine Frau. Bei einem Seegefecht im 2. Weltkrieg hatte der Zwanzigjährige als einer von elf Marinesoldaten der 136-Mann-Besatzung überlebt und war schwer verwundet worden. Im Laufe seines Lebens musste sich der Nationalspieler (21 Länderspiele) daher immer wieder Knie-Operationen unterziehen, zum siebten Mal nach seinem 80.Geburtstag. Keine Folgeschäden des Fußballs, sondern des Krieges. Er brauchte einen Stock.

Das wahre Wunder im Leben des Pfälzers war schon vor dem „Wunder von Bern” geschehen. Er hatte überlebt. Das rechte Bein aber drohte steif zu werden. Mit täglich fünfstündigem Beugetraining besiegte Ottmar Walter das Schicksal, Invalide zu werden. „Als ich aus dem Krieg nach Hause kam, hatte ich nicht mehr geglaubt, noch 13 Jahre Hochleistungen bringen zu können”, hatte er oft gesagt.

Mit dem Krieg – und dem großen Bruder – hängt wohl auch die Verklärung seines Debüts im ersten Nachkriegsländerspiel Deutschland gegen die Schweiz am 22.11.1950 zusammen. Fritz Walter war verletzt. Ohne den älteren Bruder sei er nur die Hälfte wert, polemisierten damals viele. Doch Sepp Herberger stand zu ihm: „Ottes, Sie sind mein Mann. Ich weiß, was Sie können. Auch ohne den Fritz”, habe der Bundestrainer zu ihm gesagt. Der Elfmeter, den Herbert Burdenski zum 1:0-Sieg verwandelte, war sein Verdienst. Seinen Kopfball konnte der Schweizer Verteidiger Neury nur mit der Hand abwehren. Herberger habe sich bedankt. Ottmar Walter hat danach stets betont: „Mein erstes Länderspiel war für mich vielleicht der größte Erfolg in meinem Leben.”

Der größte Erfolg hätte auch das dritte Tor in Bern sein können. Als der Ball nach Schäfers Flanke Helmut Rahn vor die Füße fiel, stand Ottmar Walter „mutterseelenallein an der Strafraumgrenze”, wie er sich in Erzählungen „noch genau” erinnerte. „Der Boss fing an zu fummeln. Ich hab’ mich kaputt geschrien. ’Booosss’. Er hätte nur abzuspielen brauchen. Ich wäre drei, vier Meter aufs Tor zu gerannt und hätte dann abgezogen.” Aber es kam eben ganz anders: „Der Boss täuscht an, als ob er den Ball zu mir schieben will, legt ihn mit seinem rechten Fuß auf den linken, den schwächeren, und zieht von der Strafraumgrenze vollstock ab.” 3:2.

Ottmar Walters letzter großer Tag war die Feier zu seinem 80.Geburtstag am 6.März 2004, vier Monate vor dem 50. Jubiläumsjahr des „Wunders von Bern” am 4.Juli. Zu seinem Achtzigsten gab der 1.FC Kaiserslautern einen großem Empfang im Stadion auf dem Betzenberg, das den Namen Fritz Walter trägt. „Auf das Denkmal des Bruders sei er sehr stolz”, sagte Ottmar Walter, fühle er sich doch dort ebenso verewigt. „Auch ich heiße schließlich Walter.” Und auch er wurde auf dem Betze bedacht: Der Haupteingang des Fritz-Walter-Stadions heißt seit 2004 Ottmar-Walter-Tor.

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