Fury "nahe daran, an allem zu zerbrechen"

Der Rückkampf Wladimir Klitschko gegen Tyson Fury ist erneut geplatzt – weil der Champion an Depressionen leiden soll. "So schlecht ging es ihm noch nie", heißt es. Klitschko ist "total enttäuscht".  
von  Matthias Kerber
Tyson Fury befindet sich in stationärer Behandlung, ist aus seinem Umfeld zu hören.
Tyson Fury befindet sich in stationärer Behandlung, ist aus seinem Umfeld zu hören. © dpa

Der Rückkampf Wladimir Klitschko gegen Tyson Fury ist erneut geplatzt – weil der Champion an Depressionen leiden soll. "So schlecht ging es ihm noch nie", heißt es. Klitschko ist "total enttäuscht".

Manchester - Tyson Fury ist ein Mann, der fast ständig ein Lächeln im Gesicht trägt. Doch dieses Lächeln ist eine Maske, die der Hüne (2,06 Meter, 115 Kilo) für die Öffentlichkeit aufsetzt. Tief in sich wird der 28-jährige Box-Weltmeister seit frühester Jugend von seinen ureigenen Dämonen gepeinigt.

Die harte Schale, seine Großmaul-Attitüde sind nur Selbstzweck, um seine so verletzliche Seele zu schützen.

Der Brite, der im November 2015 sensationell Wladimir Klitschko entthront hat, leidet an Depressionen, an bipolaren Störungen. Eine Erkrankung, die in seiner Familie seit Generationen vorkommt. Jetzt hat Fury – zum zweiten Mal – das Rematch gegen Klitschko, das für den 29. Oktober in Manchester terminiert war, platzen lassen.

Er sei "medizinisch nicht in der Lage zu kämpfen", heißt es in einem kurzen Statement. Fury war schon der Pressekonferenz vor wenigen Tagen aus fadenscheinigen Gründen (Autopanne) ferngeblieben. Ist er wirklich krank? Oder wird all das nur vorgeschoben, weil Fury, der nach dem Titelgewinn heftigst gefeiert und über 30 Kilo zugenommen hat, einfach nicht in Kampfform kommt?

 

 

"Tyson hatte immer Stimmungsschwankungen, aber so schlecht wie jetzt ging es ihm noch nie. Er ist nahe dran, an allem zu zerbrechen. Tyson ist ein Mensch, der sich viele Gedanken macht, schwere Gedanken macht. Mehr Gedanken macht, als es für ihn gut ist. Tyson hat sich in Behandlung begeben, er hat sich ärztliche Hilfe gesucht", sagt sein Onkel und Coach Peter Fury.

Und weiter: "Die Hexenjagd, die gegen ihn veranstaltet wird, hat ihn mitgenommen. Er hat mir gesagt, wenn Boxen mir das alles antut, will ich nichts mehr damit zu tun haben. Mir persönlich ist es egal, ob Tyson jemals wieder boxen wird. Es geht nur noch um den Menschen Tyson."

In stationärer Behandlung

Tyson Fury fühlt sich ungerecht behandelt. Seine teils hirnrissigen Aussagen über Homosexuelle, die er mit Pädophilen gleichsetzt, über Frauen ("Gehören in die Küche oder ins Bett") und Juden haben die Öffentlichkeit gegen ihn aufgebracht. Zudem wurde bekannt, dass bei Fury bei einem Kampf im Juni 2015 unerlaubte Mittel nachgewiesen wurden.

"Tyson glaubte, als er Champion wurde, dass ihm die Welt zu Füßen liegen würde – stattdessen hat ihn die Welt als Fußabstreifer gesehen", sagt Peter Fury, "er ist ein guter Junge, ein Gentleman, der ohne Hilfe mit dieser Situation nicht fertig wird".

Fury befindet sich, wie aus seinem Umfeld zu hören ist, in stationärer Behandlung. Es wird Monate dauern, bis er wieder in einen Ring steigen wird. Durch seine Absagen hat er auch Klitschko zur Untätigkeit verdammt. Ob der Kampf überhaupt noch zustande kommen wird, ist zur Zeit völlig offen.

"Klitschko wird in Geiselhaft gehalten"

"Ich bin total enttäuscht", sagte der 40-jährige Klitschko, "ich hätte mir meine WM-Gürtel in Manchester gerne zurückgeholt". Klitschko-Manager Bernd Bönte meinte: "Wladimir wird von diesem Kerl in Geiselhaft gehalten."

Jetzt müssen die Verbände entscheiden, was passiert. Werden Fury die WM-Titel aberkannt, wird er als "Champion in Recess" geführt, als Champion im Wartestand, so dass Klitschko um eine Interims-WM boxen könnte?

Laut "Bild"-Zeitung ist die Arena in Hamburg für den 10. Dezember gebucht. Bönte: "Es liegt an den Verbänden, eine Entscheidung bezüglich der Titel zu treffen – das ist nicht in unserer Hand." Und auch nicht in Furys.

 

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