Freudentränen bei Dytrt

OBERSTDORF - Brillante Weltmeister Aljona Savchenko/Robin Szolkowy, eine aufstrebende Annette Dytrt und eine Eistanz- Entscheidung am Rande des Betrugs haben die deutschen Meisterschaften bestimmt.
„Die beiden haben seit dem WM-Titel einen Riesenrucksack auf dem Rücken, ich ziehe meinen Hut vor ihrer Leistung. Als Gejagte ins Rennen zu gehen, ist schwerer als der Jäger zu sein“, sagte Trainer Ingo Steuer nach dem sechsten Paarlauf-Titel für die Chemnitzer Ausnahme-Läufer in Oberstdorf. An den Medaillenrängen bei der Europameisterschaft vom 19.-25. Januar in Helsinki schnuppern will auch Dytrt, die mit fehlerfreien Programmen aufhorchen ließ.
Savchenko/Szolkowy ließen im Allgäu mit einer Weltklasse-Kür zu Schindlers Liste keinen Zweifel daran, dass sie in Finnland zum zweiten Mal ihren Titel verteidigen wollen. Auch ein Sturz der gebürtigen Ukrainerin beim Salchow konnte die Leistung nicht schmälern. „Unsere Programme sind viel schwerer geworden, die beiden müssen gut drauf sein, um sie fehlerfrei zu laufen“, bestätigte Steuer. Bis zum großen Saisonziel im März, wenn sie wieder Weltmeister werden und die chinesische Konkurrenz schlagen wollen, ist noch reichlich Zeit. Der Vorteil zudem in diesem Winter: Das Thema Stasi-Vergangenheit des 42-Jährigen ist vom Tisch, im Hintergrund soll der Verband Sponsorengelder in Höhe von 250 000 Euro bis Olympia 2010 besorgen, um den Coach zu entlohnen.
Zur EM werden die Sachsen von Maylin Hausch/Daniel Wende (Oberstdorf/Essen) begleitet, die nach drei Monaten gemeinsamen Trainings schon Vizemeister wurden. Erst seit diesem Sommer schloss sich auch Dytrt der Trainingsgruppe um Erfolgscoach Michael Huth in Oberstdorf an und zeigte erstmals im Wettkampf ihr großes Potenzial. „Der Trainer und die Gruppe um die Europameister Carolina Kostner und Tomas Verner tun mir sehr gut“, sagte die zierliche 25-Jährige, die vor Freude über ihren fünften Titel nach einer einwandfreien Schwanensee-Kür schluchzend das Eis verließ.
„Teamarbeit ist das Entscheidende im Leistungssport, ohne eine ganze Mannschaft kann ein Sportler das nicht mehr schaffen“, sagte Udo Dönsdorf, Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union (DEU), der froh war, dass alle Leistungsträger „gezeigt haben, was sie drauf haben und gut gerüstet für internationale Aufgaben sind“. Dazu zählt auch Peter Liebers, der für die EM sogar einen vierfachen Toeloop ankündigte.
Zu einem Eklat kam es nach dem klaren Preisrichtervotum für die Dortmunder Tanz-Geschwister Carolina und Daniel Hermann zum Abschluss im Allgäu. Die Distanz von fast sieben Punkten zu Nelli Zhiganshina/Alexander Gazsi (Chemnitz/Berlin) rief bei Betrachtern ungläubiges Staunen hervor. „Der Ausgang war zu deutlich“, formulierte Bundestrainer Martin Skotnicky vorsichtig. „Wir sind ein bisschen geschockt und verstehen die Welt nicht mehr“, sagte Gazsi, der sogar ein Karriere-Ende nicht ausschließen wollte.
„Es bringt ja nichts, wenn einem Steine in den Weg gelegt werden. Wir sind aus vollem Lauf gestoppt worden.“ Seine Vermutung: Weil seine russische Partnerin vor den Olympischen Winterspielen 2010 keinen deutschen Pass mehr bekommen wird, sollen die jungen Hermanns gefördert werden. „Wir haben selbst nicht an den Titel geglaubt, aber alle haben uns gepusht“, bekannte Carolina Hermann offen. (dpa)