Fräulein Schumi im Schnee

Magdalena-Neuner-Festspiele in Ruhpolding: Dort, wo ihre grandiose Karriere begann, fährt sie den Sieg der deutschen Frauen nach Hause
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„Sie ist jemand, bei dem die Menschen gerne hinschauen“: Olympiasieger Fritz Fischer ist voll des Lobes für Magdalena Neuner.
dpa „Sie ist jemand, bei dem die Menschen gerne hinschauen“: Olympiasieger Fritz Fischer ist voll des Lobes für Magdalena Neuner.

RUHPOLDING - Magdalena-Neuner-Festspiele in Ruhpolding: Dort, wo ihre grandiose Karriere begann, fährt sie den Sieg der deutschen Frauen nach Hause

Kurz vor sieben am Mittwoch Abend bebte es unterm Zirnberg. Auf den Rängen fielen sich wildfremde Menschen um den Hals, wedelten mit ihren Fahnen, mit bayerischen und mit deutschen, ein glückseliger Freudentaumel bei 17 800 Menschen. Den Auftakt der Biathlon-Festspiele von Ruhpolding hatten sie kaum erwarten können, eine Party, die gleich einmal triumphal eröffnet wurde. Mit dem Sieg der deutschen Frauen-Staffel.

Ein souveräner Erfolg, der erste in dieser Saison vor den vier Russinnen, vollendet vom Liebling der Massen. Von Magdalena Neuner, die als Schlussläuferin nach dem Zieleinlauf in die Arme ihrer wartenden Kolleginnen Andrea Henkel, Kati Wilhelm und Kathrin Hitzer fuhr. „Ein wunderbares Gefühl“, schwärmte Neuner, „vor diesem Publikum die Staffel zu gewinnen, das war ein ganz großer Höhepunkt in dieser Saison. Aber Ruhpolding ist eh immer der Wahnsinn.“ Der Ort, wo einst alles begann, vor genau drei Jahren. Und wie unterschiedlich doch die Bilder waren, jetzt und damals.

Jetzt, wie sie strahlte, im Biathlon-Stadion. Damals, wie sie sich aufs Hotelzimmer verzog und Rotz und Wasser heulte. 18 war sie damals und noch lange nicht gewohnt, vor 15 000 Zuschauern zu laufen und zu schießen. Völlig entnervt kam sie auf Platz 41, während sie gestern ganz lässig und unspektakulär den Sieg nach Hause lief, nur kurz die Arme nach oben hob und auch darauf verzichtete, der Aufforderung von Stadionsprecher Karl-Heinz Kas nachzukommen, sich doch bitte eine Fahne zu schnappen und damit die letzten Meter ins Ziel zu laufen.

Viel hat sich getan seit Januar 2006, als sie sich noch bei einer Pressekonferenz artig vorstellte und meinte, dass sie in der Freizeit gerne Harfe spiele. Jetzt gibt sie im Biathlon den Ton an.

Seit November ist sie erstmals auch in einem TV-Spot zu sehen, wo sie erklärt, wie sie sich die Nummer einer Telefonauskunft merkt. Nämlich aus der Spieleranzahl in einer Fußballmannschaft, dem Alter ihrer Oma und der Anzahl ihrer Probleme. Nämlich null. Lena Sorgenlos, Fräulein Schumi im Schnee.

Sie ist das, was Michael Schumacher für die Formel 1 war“, sagte Olympiasieger Fritz Fischer, Leiter des Nachwuchs-Zentrums in Ruhpolding, gestern zur AZ. „Sie ist jemand, bei dem die Menschen gerne hinschauen, sie ist sehr erfolgreich, aber auch sehr authentisch. Sie ist ein großes Idol, eine, die sich nicht verbiegt.“ Eine, die sagt, wenn ihr was nicht passt. Aufdringliches Publikum etwa. „Es ist wunderbar, wenn die Fans gerade in Oberhof oder Ruhpolding deinen Namen rufen, wenn sie dir zujubeln und sie dich feiern“, sagte Neuner vor einigen Wochen zur AZ, „aber es gibt einfach Grenzen.“ Wenn sie nämlich zum Allgemeingut wird, Freiwild mit Anfassen, das wird ihr zuviel. Everybody’s Darling geht auf Distanz, die Nähe zu den Fans wird dann doch zum Problem, weshalb die Telefonauskunft dann ehrlicherweise Neuners Werbeslogan oder gleich die ganze Nummer ändern müsste.

Geändert hat Neuner ihre Strategie mit den Fans. Blieb sie auch im vergangenen Jahr noch stehen, um Signierwünsche auf Mützen, Jacken und Taschen vor Ort zu erfüllen, hat sie nun einfach einen Packen mit 1500 fertigen Autogrammkarten dabei, die sie dann im Volk verteilen kann. „Wenn ich sonst anfange mit dem Unterschreiben, werde ich ja gar nicht mehr fertig“, sagt sie. „Ich brauche da einfach auch Abstand.“

Den wird sie im Februar haben, bei der WM in Korea, hinter dem Zirnberg und noch ein paar Kilometer weiter, da wird es sehr ruhig, was den Menschenauflauf angeht. Da stimmt’s dann wieder, mit den null Problemen aus der Werbung.

Florian Kinast

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