Formel 1: Im AZ-Interview macht Kai Ebel den Fans von Sebastian Vettel Mut

Kann Vettel in Malaysia nochmal zurückschlagen? Im AZ-Interview macht RTL-Experte Kai Ebel den Ferrari-Fans Mut. Außerdem spricht er über Michael Schumacher: "Es gibt keinen in der Formel 1, der ihn nicht vermisst."
von  Johannes Schnabl
Kai Ebel und Sebastian Vettel (rechts) bei einem ihrer vielen gemeinsamen Interviews.
Kai Ebel und Sebastian Vettel (rechts) bei einem ihrer vielen gemeinsamen Interviews. © imago/HochZwei

Kai Ebel: Der 53-Jährige begleitet seit 25 Jahren die Formel 1 für RTL und berichtet live aus der Boxengasse.

AZ: Herr Ebel, ist nach dem Ferrari-Debakel von Singapur, als Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen kollidierten und beide ausschieden, das Titelrennen schon gelaufen?
KAI EBEL: Nein, es ist noch gar nichts entschieden. Wir sind ja nicht beim Fußball, sondern in der Formel 1. Da spielen die Technik und so viele andere Faktoren eine Rolle, sodass in den verbleibenden sechs Rennen noch so viel passieren kann! Aber solche Fehler völlig ohne Not wie in Singapur darf sich Ferrari nicht mehr erlauben.

Bei Ferrari dürfte jetzt der Baum brennen. Boss Sergio Marchionne war ja schon vor Singapur ziemlich unzufrieden mit seinem Team.
Aber der macht ja auch einiges falsch. Als Big Boss verunsichert er durch seine andauernde Kritik, das ist das Team nicht gewohnt. Als wüsste bei Ferrari keiner, dass sie mit um die WM fahren. Bei Mercedes dagegen heile Welt. Valtteri Bottas und Lewis Hamilton, das scheint zu passen. Klar, aber Bottas ist auch unter anderen Voraussetzungen ins Team gekommen. Die beiden kämpfen nicht um die WM, so wie Hamilton und Nico Rosberg. Bei Mercedes akzeptieren sie die Rollen.

Das war früher anders. Sogar jetzt attackieren sich Rosberg und Hamilton noch gegenseitig. Hamilton sagte vor Kurzem, beide seien nie Freunde gewesen. Stimmt das?
Naja, beide kennen sich von klein auf und sind schon in kleineren Klassen gegeneinander gefahren. Da hieß es dann immer: "Wir sind befreundet und wohnen nebeneinander." Und das stimmt übrigens immer noch. Beide wohnen witzigerweise in Monaco im selben Gebäude. Jetzt sind sie nach eigener Aussage nicht mehr befreundet. Da muss sich jeder sein Bild machen. Freundschaft ist auch immer so ein falsch zitiertes Wort. Wie viele richtige Freunde hat man denn im Leben...? Aber Blutsbrüder werden beide sicher nicht mehr. Die Rivalität der vergangenen Jahre sitzt bei beiden sehr, sehr tief.

"Für Lewis wird es nicht leichter"

Hamilton ist in diesem Jahr offenbar kaum noch aufzuhalten, was könnte denn Vettel Mut machen?
Das beste Beispiel ist Vettel selbst. Als er 2010 seinen ersten Titel mit Red Bull holte, fiel er in Südkorea unglücklich aus und Fernando Alonso im Ferrari übernahm die Führung in der Gesamtwertung. Da hieß es schon, das Thema sei durch, Alonso sei nicht mehr einzuholen. Aber Sebastian hat immer an sich geglaubt, die letzten drei Rennen gewonnen und Alonso hatte noch dazu Pech. Warum sollte er so nicht auch zu seinem ersten Titel mit Ferrari kommen?

Aber die nächsten Strecken sprechen doch alle für Mercedes, vor allem der Kurs jetzt in Malaysia mit langen Geraden.
Der Kurs spricht für die Power von Mercedes, was aber nicht für Mercedes spricht, ist die große Hitze. Hohe Temperaturen liegen Ferrari besser. Aber was auf dem Papier steht, muss in der Praxis nicht stimmen. Das hat man auch in Singapur deutlich gesehen. Das war ja eine typische Ferrari-Strecke...

Trotzdem könnte Hamilton seinen vierten Titel holen, den Pole-Rekord von Michael Schumacher hat er ja schon geknackt. Kann er noch der Beste aller Zeiten werden?
Bis zu den sieben Titeln von Michael ist es noch ein ganz weiter Weg. Ich weiß auch nicht, wie lange Lewis noch gedenkt, Formel 1 zu fahren. Und sollte es dieses Jahr klappen, steht es erstmal vier zu vier gegen Vettel. Im Kampf um Nummer fünf wird dann Ferrari im nächsten Jahr sicher nicht zuschauen wollen. Also, für Lewis wird es nicht leichter.

Auch weil im nächsten Jahr mit Red Bull und Verstappen zu rechnen ist?
ls Fahrer ist Max absolute Weltklasse. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er Weltmeister wird. Aber dazu braucht er auch das richtige Material. Die Frage bleibt, ob Red Bull und Renault bis zum nächsten Jahr die fehlende Power aufholen können. Man muss auch das Glück haben, zur richtigen Zeit im richtigen Auto zu sitzen – so wie Sebastian damals.

Der hat vor Kurzem bekannt, er vermisse Michael Schumacher als Ratgeber.
Ehrlich gesagt, ich kenne keinen in der Formel 1, der Michael Schumacher nicht vermisst. Er ist immer noch ein großes Thema. Und es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht nach ihm gefragt werde.

Dabei galt er doch als hart und ehrgeizig.
Im Auto stimmt das. Nur wenn er ausgestiegen ist, war er ein ganz anderer Mensch, nicht so knallhart. Da war er höflich, menschlich, lustig.

In einer Fernsehsendung erklärten Sie, Sie hätten Ihn kurz vor seinem Unfall noch getroffen.
Ja, das war ein privates Abendessen. Wir hatten zuvor eine gemeinsame Veranstaltung mit seinem Hauptsponsor und haben uns hinterher zum Essen verabredet. Da hat er mir auch erzählt, dass er demnächst in den Ski-Urlaub fahren wird. Das war das letzte Gespräch, das ich mit ihm geführt habe.

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