Footballer Sebastian Vollmer im Interview: Brady will sogar das Bier schneller trinken als du

Sebastian Vollmer spielte für die New England Patriots in der NFL und gewann zweimal den Super Bowl. Nun hat er ein Buch über seine Karriere herausgebracht, das am Montag im Handel erscheint.
AZ: Herr Vollmer, wir wollen nicht alles vorwegnehmen, aber nach der Lektüre Ihres Buches beginnt man, sich ernsthafte Sorgen um Ihre Gesundheit zu machen. Wie geht es Ihnen jetzt, zwei Jahre nach dem Karriereende?
SEBASTIAN VOLLMER: Mittlerweile deutlich besser, als es mir gegen Ende meiner Karriere ging. Ich habe mit 150 Kilo aufgehört, mittlerweile bin ich bei 120. Außerdem bin ich schmerzfrei, mit meinen zwei kleinen Kindern kann ich spielen, wie ich will. Ich bin glücklich. Aber ich habe das Buch extra so geschrieben – für alle Fans, damit sie mal einen anderen Einblick in diesen Sport bekommen. Natürlich bin ich ein extremes Beispiel mit all meinen Verletzungen, aber die Leute sollen sehen, was man alles einstecken muss.
Sie schreiben von vielen, teils harten Entbehrungen während Ihrer Karriere. War es das rückblickend alles wert?
Ja. Ich bin ein Mensch, der eine Entscheidung später nicht mehr bereut. Und alle Entbehrungen waren es damals für nicht wert, auch wenn es oft hart war, Leute, die man lieb hat, vor den Kopf zu stoßen. Sie hatten – neben zahlreichen Brüchen – auch eine Gehirnerschütterung.
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Die Debatte um gesundheitliche Risiken im Football hält an. Ist die NFL zu gefährlich?
Es ist eben ein physischer – Außenstehende würden sagen ein brutaler – Sport. Da ist etwas Wahres dran, aber das ist eben auch der Charme. Mittlerweile wird viel dafür getan, dass die Spieler gesund bleiben. Trotzdem ist diese Debatte ein Riesenthema unter den Spielern. Man ertappt sich schon dabei, auch mal Angst vor der Zukunft, vor den Spätfolgen einer Verletzung zu haben. Aber jeder muss das Risiko für sich abwägen. Es gibt Spieler, die nach einem Jahr aufhören. Andererseits öffnet dieser Sport einem auch viele Türen.
Das andere große Thema ist der Hymnenstreit. Wie wird er die Saison beeinflussen?
Das geht jetzt schon zwei Jahre, und durch die Werbekampagne von Colin Kaepernick und Nike ist das wieder aufgeflammt. Hier in den USA bewegt das Thema die Leute nach wie vor, aber im Prinzip wurde noch keine Lösung gefunden. Die TV-Anstalten lösen das Problem, indem sie die Hymne nicht mehr ausstrahlen und der Protest so nicht mehr sichtbar wird. Das hat die Sache etwas entschärft.
Wie verhält sich US-Präsident Donald Trump in der Angelegenheit?
Mit seinen Twitter-Kommentaren gießt er immer noch Öl ins Feuer. Und das sieht die ganze Welt, was auch nicht unbedingt zur Entschärfung der Situation beiträgt.
Sie haben Trump schon persönlich kennengelernt, genauso wie dessen Vorgänger Barack Obama, als Sie zweimal mit den New England Patriots ins Weiße Haus eingeladen wurden.
Überhaupt mal das Weiße Haus von innen zu sehen, war unglaublich. Aber ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen: Unterschiedlicher konnten die Besuche kaum sein. Zwei völlig verschiedene Arten, wie man dort behandelt wurde und welche Freiheit man hatte.
Welchen Besuch empfanden Sie denn als schöner?
Sagen wir mal so: Ein Besuch war strukturierter als der andere. (lacht)
Zum Sport: Quarterback Tom Brady ist 41, der beste Receiver, Julian Edelman, für vier Spiele gesperrt. Und trotzdem: Ihr Ex-Team, die Patriots sind wieder ein Favorit. Warum?
Weil sie nie eine schlechte Saison spielen. Ich weiß noch, wie wir 2014 bei den Kansas City Chiefs 41:14 verloren. Da schrieben schon alle vom Ende der Patriots-Ära. Bla, bla, bla. Sie müssen erstmal dauerhaft zeigen, dass sie nicht mehr zu Top-Leistungen fähig sind. Ansonsten muss man die Pats immer auf dem Zettel haben. Solange Brady und Coach Bill Belichick da sind, haben sie auch immer eine Chance. Tom Brady ist einfach zu gut.
Mit Brady spielten sie acht Jahre zusammen, Sie sind Freunde, er hat das Vorwort Ihres Buches geschrieben. Wie ist er so privat? Was zeichnet ihn aus?
Was man auf dem Platz von ihm sieht, das bekommt man auch privat. Er ist höllisch besessen vom Gewinnen. Beim Kartenspielen will er gewinnen. Sogar wenn du mit ihm am Tisch sitzt und ein Bierchen trinkst, trinkt er es schneller als du. Er will immer der Beste sein. Du musst nicht mal einen Wettbewerb daraus machen. Manchmal ist es nervig, aber irgendwie auch lustig. Er ist ein sehr liebenswerter Mensch.
Welches Team kann den Patriots und Brady gefährlich werden?
Für mich ist immer auch der amtierende Meister ein Mitfavorit, also die Philadelphia Eagles. Denn wie soll man innerhalb von sechs Monaten so viel schlechter werden? Der Kader der Los Angeles Rams sieht stark aus, dazu die Minnesota Vikings...
Es dürfte spannend werden.
Am Anfang wird es sehr eng, dann werden sich die vier, fünf besten Teams etwas absetzen.
Mit Wide Receiver Equanimeous St. Brown (Green Bay Packers) und Linebacker Mark Nzeocha (San Francisco 49ers) sind immerhin zwei Deutsche dabei. Was ist zu erwarten?
Wenn man es erstmal in den Kader geschafft hat, ist alles offen. Jetzt geht es nur noch um die Leistung. Beide Spieler müssen sich erstmal an das Level gewöhnen. Aber die Einsatzchance kann auch sehr schnell kommen – und dann muss man da sein.
Ohne Ihre Karriere schmälern zu wollen, aber für deutsche Fans ist es doch super, mit St. Brown auch mal einen offensiven deutschen Spieler zu sehen, der auch scoren kann.
Das sehe ich genauso. Er ist athletischer, spektakulärer, das wird schön zu sehen sein. Und ich habe auch deshalb das Buch geschrieben: Damit mehr Zuschauer das Spiel verstehen, es lieben lernen und der Hype in Deutschland noch mehr entfacht wird.