Fluch oder Segen: Die Block-Bildung in der Nationalmannschaft

Titelreife Blockbildung bei der DFB-Elf: Bei allen vier deutschen WM-Triumphen kam es stets auf eine eingespielte Gruppe aus den Vereinen an. Bei der WM in Katar hofft Hansi Flick auf die sieben Bayern-Stars.
von  Patrick Strasser
Ankunft in Doha: Die deutsche Nationalelf.
Ankunft in Doha: Die deutsche Nationalelf. © Hassan Ammar/dpa

Da sind die Nationalspieler nicht einmal 24 Stunden vor Ort im WM-Gastgeberland und schon widersetzen sich die ersten Kicker den Vorgaben des Bundestrainers. Nach der Ankunft des DFB-Trosses am Donnerstagnachmittag im hermetisch abgeriegelten "Zulal Wellness Resort" in der Nähe des Hafenstädtchens Al Ruwais, gelegen rund 125 Kilometer nördlich der Hauptstadt Doha, hatte Flick Regeneration verordnet, für Freitag frei gegeben.

Hansi Flick verordnet Erholung

Das Ziel lautete, "alle Spieler noch mal von den Füßen runterholen, damit sie richtig abschalten und relaxen können, auch mental".

Hat nicht geklappt. Zwei Profis aus dem 26er-Kader scherten aus und absolvierten mit Athletiktrainer Nicklas Dietrich bei 29 Grad im Stadion des Erstligisten Al Shamal Sports Club zur Mittagszeit eine individuelle Einheit. Aber die hatten es auch nötig. Denn Antonio Rüdiger (Real Madrid) und Bayern-Profi Thomas Müller kämpfen darum, für das DFB-Auftaktspiel am Mittwoch gegen Japan fit zu werden.

Bayern-Spieler bilden harten Kern

Abwehrchef Rüdiger und Müller gehören zur geplanten Achse von Flick, angeführt von DFB-Kapitän und Torhüter Manuel Neuer und dem Mittelfeld-Taktgeber Joshua Kimmich.

Während Müller (33), der mit seinen 118 Länderspielen die größte Erfahrung im Kader hat, wohl mit einer Jokerrolle gegen Japan vorliebnehmen muss, könnten die anderen sechs der nominierten Bayern-Profis in der Startelf stehen. Als da wären: Neben Kimmich im Mittelfeld Leon Goretzka, der auch wegen eines vertrauten Zusammenspiels im Verein die Nase gegenüber Ilkay Gündogan vorne haben dürfte. Auf der Zehner-Position scheint Jamal Musiala, einer der Spieler der bisherigen Bundesliga-Hinrunde, gesetzt zu sein. Der Bundestrainer schonte sein Juwel beim 1:0-Kick im Oman ganz bewusst. Bleiben drei Offensiv-Positionen, die in Flicks 4-2-3-1-System mit zwei weiteren Bayern-Profis besetzt werden könnten.

Infrage kommen neben Serge Gnabry und Leroy Sané noch Jonas Hofmann und Chelsea-Legionär Kai Havertz. Mit Vorteilen für die Bayern - aus Gründen. Flick will den Flow mitnehmen, den die Münchner nach zehn Pflichtspielerfolgen hintereinander nach Katar mitgebracht haben. Anderes Trikot, dieselbe Siegermentalität - so die Idealvorstellung.

Blockbildung als große Hoffnung

Und eine Blockbildung kann dank der Automatismen unter den Spielern Berge - sprich Gegner - versetzen. Andererseits: Ist der Block nicht in Form, zieht er die gesamte Mannschaft runter: Fluch oder Segen? "Ein guter FC Bayern ist gut für die Nationalmannschaft", propagierte stets Uli Hoeneß. Wohl auch deshalb, weil er einst selbst Teil einer erfolgreichen Block-Bildung war. Hierzu ein Blick in die WM-Historie des DFB-Teams:

Ein Zeitstrahl des Erfolgs

1954: Für das legendäre Wunder von Bern, dem 3:2 im Finale gegen das scheinbar übermächtige Ungarn, sorgten fünf Akteure des 1. FC Kaiserslautern (Meister 1953, Vizemeister 1954), angeführt von Kapitän Fritz Walter. Bundestrainer Sepp Herberger war bekannt für seine Vorliebe für FCK- Spieler.

1974: Neben den sechs Münchnern (Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Katsche Schwarzenbeck, Paul Breitner, Uli Hoeneß und Jupp Kapellmann, der ohne Einsatz blieb) standen fünf Gladbacher um Berti Vogts im Kader von Helmut Schön. Gemeinsam holte man durch das 2:1 gegen die Niederlande in München den WM-Titel.

1990: Die Bayern stellten in Italien zwar mit sechs Spielern im Kader die stärkste Gruppe, Stammspieler waren aber nur Klaus Augenthaler und Jürgen Kohler. Erstmals bildete ein Legionärsblock das Gerüst, das Inter-Trio Lothar Matthäus, Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann gab unter Teamchef Franz Beckenbauer den Ton an.

2014: Unter Jogi Löw triumphierten in Brasilien sieben Bayern und vier BVB-Profis. Mit Philipp Lahm, Toni Kroos, Bastian Schweinsteiger, Jérôme Boateng Müller und Neuer standen sechs Bayern-Profis in der Startelf. Der eingewechselte Mario Götze erzielte das Siegtor zum 1:0 in der Verlängerung.

Und 2022?

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.