FIA-Chef Mosley: Kein Gedanke an Rücktritt
Für die Formel-1-Teams ist er die Reizfigur, Max Mosley selbst scheint sich zu Höherem berufen zu fühlen. Selbst in der durch seine Unnachgiebigkeit mitausgelösten Existenzkrise der Formel 1 plagen den Chef des Automobil-Verbandes FIA keine Selbstzweifel.
Der 69-Jährige sieht sich als Retter. Rücktritt kommt für ihn nicht infrage, obwohl die «Königsklasse» nach der Ankündigung von acht Top-Teams, die Formel 1 zu verlassen und eine Konkurrenzserie aufzubauen, vor dem Abgrund steht.
«Ich will nicht allzu lange weitermachen. Aber die Schwierigkeiten in die mich die Teams gebracht haben, würden es mir schwer machen, wenn ich im Oktober aufhören wollte», wurde der 69-Jährige in mehreren britischen Zeitungen zitiert. «Die Leute in der FIA sagen mir: 'Wir haben diesen ganzen Ärger, wir werden angegriffen. Du musst bleiben.'"
Mosley startet Gegenoffensive
Er hat einen Gegenoffensive gestartet: Der Jurist will Ferrari, McLaren-Mercedes, BMW-Sauber, BrawnGP, Red Bull, Renault, Toyota und Toro Rosso vor Gericht zerren. Schon zu Wochenbeginn könnten die Millionen-Klagen eingereicht werden, hieß es. Der «Piratenserie» gab Mosley keine Chance. «Das ist pure Fantasie. Sie wissen, dass das nicht klappt. Sie wollen die Macht über den Sport und das Geld. Ich werde nicht zulassen, dass das geschieht.»
Rekordweltmeister Michael Schumacher sieht das als Ferrari-Berater wie erwartet anders. «Natürlich erscheint das erst einmal unvorstellbar, aber diesmal stehen alle großen Teams dahinter. Dadurch wird eine neue Meisterschaft schon deutlich realistischer. Für mich ist das inzwischen eine echte Alternative.»
Schumacher setzt auf Abspaltung
Nachdem Mosley zunächst im Fahrerlager in Silverstone geschwiegen hatte, startete er in den einheimischen Medien eine Offensive. Neues gab es nicht. Mosley wiederholte sein Credo mit der üblichen Polemik: Die acht Abtrünnigen sind die Bösen, sie wollen nur die Macht (von ihm) und die Millionen (von Formel-1-Chef Bernie Ecclestone). Er ist der Gute, der Bewahrer der Formel 1.
Doch Mosleys Position ist geschwächt. Durch den juristischen Schachzug hat er Zeit gewonnen. Ursprünglich wollte er am 20: juni seine endgültige Starterliste für 2010 bekanntgeben. Doch dies solle nun erst nach der gerichtlichen Klärung folgen. Ohne die acht Teams wie die Branchenführer Ferrari und McLaren-Mercedes oder WM-Spitzenreiter Brawn GP wäre die Liste mit fünf Namen sehr kurz ausgefallen. Die Zahl der möglichen Nachrücker ist ebenfalls klein.
Mosley scheint der Schlüssel zur Lösung des Dauerstreits zu sein. Auch wenn Teamchef Ross Brawn betont: «Die Person Mosley ist nicht Teil unserer Bedingungen.» Inhaltlich sind der FIA-Chef und seine Kontrahenten nicht weit voneinander entfernt. Die Einsicht, die Kosten zu senken, ist in allen Köpfen angekommen. «Das Komische ist, alle sind sich einig. Alle wissen, dass sie etwas ändern müssen. Es geht nur darum, wie man das erreicht», sagte Formel-1-Chef Bernie Ecclestone bei RTL.
Teams stört Mosleys Stil
Was die Teams stört, ist der Politikstil Mosleys. Mit der von ihm im Weltrat durchgesetzten Festsetzung eines freiwilligen Budgetlimits von 45 Millionen Euro ohne Rücksicht auf die Teams und seine Forderung nach einer vorbehaltlosen Einschreibung in die Meldeliste für 2010, hat er diesmal überzogen. «Wir wollen nicht die Formel 1 übernehmen, aber die Teams haben ein riesiges Investment in der Formel 1 und sie wollen, dass dieses Investment respektiert wird», sagte Brawn.
Eine FIA ohne Mosley ist für die FOTA ein angenehmerer Partner. Am 24. Juni im FIA-Weltrat soll ein Misstrauensvotum gegen Mosley gestellt werden, wird spekuliert. Doch für Abgesänge wie von Renault-Teamchef Flavio Briatore («Mosley ist nicht mehr länger der Diktator der Formel 1. Jetzt kehren wir zum Sport zurück. Max hat den Kopf verloren.») ist es noch zu früh.
Mosley wäre nicht Mosley, wenn er nicht auch jetzt zum Gegenangriff übergehen würde. Vor einem Jahr sahen seine Gegner die Chance, ihn wegen seiner Sexvideo-Affäre zu Fall zu bringen. Doch auch damals stand Mosley wieder auf und ging gestärkt aus der Krise hervor. Diesmal könnte er sich verrechnet haben. Von der ungewohnten Einigkeit der Teams war auch Mosley überrascht. Vor allem die Aversion gegen Mosley eint die Rennställe. (dpa)