Fed - Express rast ins Halbfinale
NEW YORK - Zuerst Novak Djokovic, dann Rafael Nadal: So könnte Roger Federers Weg zum ersehnten Titel bei den US Open aussehen. Der Schweizer zeigt sich in New York bislang in bestechender Form.
Roger Federer nahm bei den New Yorker Windspielen erfolgreich Revanche und spielte sich als Nachtschwärmer endgültig in die Favoritenrolle bei den US Open. „Das war ein wichtiger Sieg. Der Aufschlag war der Schlüssel, auf ihn kann ich mich verlassen. Er ist meine stärkste Waffe bei diesen Bedingungen“, sagte Grand-Slam-Rekordsieger Federer nach dem denkwürdigen 6:4, 6:4, 7:5 im Viertelfinale gegen Robin Söderling (Schweden). Nächster Gegner des Schweizers ist am Samstag der Serbe Novak Djokovic, der Gael Monfils aus Frankreich 7:6 (7:2), 6:1, 6:2 bezwang.
Selbst von heftigen Sturmböen und umherfliegenden Papierservietten ließ sich Federer vor 23.781 Zuschauern im größten Tennisstadion der Welt nicht aus dem Konzept bringen. Den selbst als exzellenter Aufschläger bekannten Söderling entnervte der Schweizer mit 18 Assen und fünf genutzten von insgesamt sechs Breakbällen. „Roger ist einfach ein verdammt guter Windspieler. Er bewegt sich gut und war fast immer am richigen Platz“, sagte der an fünf gesetzte Söderling, der Federer Anfang Juni bei den French Open eine seiner bittersten Niederlagen beigebracht hatte. Im Viertelfinale von Paris hatte Söderling den Australian-Open-Gewinner auf dem Weg zur 24. Halbfinal-Teilnahme in Serie bei einem Grand-Slam-Turnier gestoppt.
Wenig später folgte für Federer in der gleichen Runde das Aus in seinem Wohnzimmer Wimbledon. Gerüchte über das endgültige Ende der Ära Federer wurden laut. Gemessen an den Turniersiegen in diesem Jahr (bislang 2), zwischen denen eine siebenmonatige Durststrecke lag, hatte Federer letztmals vor acht Jahren eine ähnlich schwache Bilanz. Im Big Apple allerdings scheint der fünfmalige Turniersieger nun wieder zu alter Form zu finden. Bis zum Halbfinale hatte der 29-Jährige noch keinen Satz abgegeben, er trotzt erfolgreich allen Widrigkeiten beim schrillsten und lautesten Grand-Slam-Turnier des Jahres.
Die große Hitze in der vergangenen Woche überstand der „FedExpress“ ebenso schadlos wie die Windbedingungen am Mittwochabend. „Mir haben die vielen Variationsmöglichkeiten bei meinem Aufschlag geholfen. Ich habe das ja auch mein ganzes Leben trainiert. Mich kann man nachts um zwei oder um vier Uhr wecken, und ich kann gleich aufschlagen“, sagte Federer, der in New York längst als „König der Nacht“ gilt.
Sämtliche 18 „Night-Session-“Matches in seiner Karriere hat der 16-malige Grand-Slam-Sieger bei den US Open gewonnen. Damit ist er Rekordhalter Pete Sampras (20:0 Siege/USA) dicht auf den Fersen. Die prickelnde Atmosphäre im Arthur-Ashe-Stadium scheint Federer zu elektrisieren. Bei den Seitenwechseln wird laute Musik eingespielt, zu der die Fans auf den Tribünen tanzen. „Gegen Söderling brauchte ich den Revanchegedanken gar nicht als Motivation. Die vielen Leute und dieses Stadion sind für mich immer Motivation genug“, sagte der Schweizer und machte dem Tennis-Kessel damit seine ganz persönliche Liebeserklärung.
Vor der entscheidenden Turnierphase setzte Federer auch den topgesetzten Rafael Nadal verbal unter Druck. „Rafa kann als größter Spieler in die Tennis-Geschichte eingehen, aber dazu muss er die US Open gewinnen“, sagte der Schweizer. Während er seine Sammlung von Grand-Slam-Titeln im vergangenen Jahr mit dem Sieg bei den French Open komplettiert hatte, wartet Nadal noch auf einen Triumph in New York.
Federer hatte die US Open zwischen 2004 und 2008 fünfmal in Folge gewonnen. Im vergangenen Jahr verlor er das Finale gegen Juan Martin del Potro aus Argentinien. Mit seinem sechsten Sieg in Flushing Meadows wäre Federer Rekordsieger beim letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres. Jimmy Connors und Pete Sampras hatten ihren Heim-Grand-Slam ebenfalls je fünfmal gewonnen. (sid)