Wenn Kerle verlieren: Bayerns Basketballer auf der Suche nach alter Stärke
München - Anspruch und Wirklichkeit, das sind ja oft sehr konträre Angelegenheiten. Der Anspruch beim FC Bayern ist klar: Mia sa mia, wir sind die Nummer 1, der Zweite ist der erste Verlierer. Die jahrelange Erfolgsgeschichte der Fußballer, die gerade die Weichen für die zehnte Meisterschaft in Serie stellen, ist Vorbild und Hypothek für den Rest-Verein zugleich.
Nun, der Anspruch an sich selbst ist bei den Basketballern des FC Bayern speziell nach der vergangenen Saison enorm. Da war man als erster deutscher Klub überhaupt in die Playoffs der Euroleague eingezogen und erst im Viertelfinale gescheitert. Anschließend erhält der Verein die A-Lizenz für die Königsklasse des europäischen Basketballs. Man träumt von einer goldenen Zukunft, in der sich der FCBB endgültig in die Phalanx der Granden der europäischen Korbjäger etabliert.
Gegenwart beim FC Bayern Basketball glänzt keinesfalls gülden
Die Betonung liegt auf Zukunft. Denn die Gegenwart beim FC Bayern Basketball glänzt nicht nur keinesfalls gülden, sondern sie glänzt rein gar nicht bisher. Das doppelte russische Abenteuer in der Euroleague endete mit zwei Niederlagen, nach dem 70:73 am Dienstag bei UNICS Kazan, mussten sich die Bayern auch 48 Stunden später als Verlierer vom Court trollen - 71:79 hieß es am Ende bei Zenit St. Petersburg. Damit steht das Team des emotional-impulsiven Coaches Andrea Trinchieri nach vier Partien in der Euroleague weiterhin ohne einen Sieg da.
Nach der Niederlage des Pokalsiegers am Dienstag hatte Trinchieri sein Team hart angezählt und die Mentalitätsfrage gestellt. Nun, am Donnerstag legten seine Spieler los, als hatten sie bei der Trinchieri-Schelte die Ohren auf Volldurchzug gestellt. Die Bayern legten einen 0:13-Fehlstart hin, lagen zwischenzeitlich mit 17 Zählen hinten. "Wir waren nicht bereit", stellte der Italiener fest: "Nach dem ersten Viertel hätten sie uns auch den Hintern versohlen können."
Trinchieri gibt nach der Niederlage den Sanftmütigen
Nun diese Hintern-Züchtigung blieb aus, plötzlich entdeckten die Bayern ihren Willen, ihren Kampfgeist, ihre Treffsicherheit. Die Münchner, die weiter auf Vladimir Lucic, Andreas Obst, Leon Radosevic und Paul Zipser verzichten müssen, übernahmen das Kommando, führten mit 60:52. Sie waren auf der Siegerstraße - nur um am Ende doch noch falsch abzubiegen - wieder kein Erfolgserlebnis.
Trinchieri gab nach der Niederlage den Sanftmütigen. "Wir fanden einen Weg zurückzukommen und haben dann zweieinhalb Viertel großen Basketball gezeigt - aufopferungsvoll in Offensive und Defensive", sagte der Italiener: "Es ist traurig, dass wir ohne Sieg nach Hause reisen. Wir haben heute wie Kerle gespielt und uns zurückgekämpft. Wir haben wie ein Team agiert. Es war noch nicht genug, aber wir geben nicht auf."
Greift das Drehmoment gegen Gießen?
Und auch Corey Walden mit 20 Zählern zweitbester Münchner Scorer hinter Darrun Hilliard (24), übte sich in (Zweck-)Optimismus. "Trotz des miserablen Beginns und 0:4 Siegen gab es auch viele positive Dinge", sagt er: "Wir haben gekämpft und großen Charakter gezeigt und viel Energie gegeben. Trotz der vier Niederlagen haben wir in jedem Spiel bewiesen, dass wir wettbewerbsfähig sind und gewinnen können. Es ist eine lange Saison, doch wir müssen die Sache natürlich bald drehen."
Das Drehmoment sollte am besten schon am Sonntag (16.00 Uhr) in der Liga beim Heimspiel gegen Gießen 46ers und besonders am Donnerstag (19.00 Uhr) in der Euroleague bei Zalgiris Kaunas greifen, damit Anspruch und Wirklichkeit nicht mehr ganz so weit auseinanderklaffen.
Denn in der Euroleague stehen die Bayern als Tabellenletzter bereits jetzt unter Zugzwang.