Traum vs. Realität: Bayerns Basketballer gegen Barcelona Außenseiter
München - Dass der Spielplan von Basketball-Profis nicht selten absurde Ausmaße ausnimmt, ist leider nichts Neues und gilt nicht nur für die chronischen Vielflieger aus der NBA, sondern auch für ihre europäischen Arbeitskollegen.
Aber nicht nur die Spieler leiden, sondern auch das komplette Team, das die Korbwerfer auf ihren Zickzack-Wegen quer über den Kontinent Woche für Woche begleitet. Bei Headcoach Andrea Trinchieri wirkte sich der ewige Stress unlängst derart aus, dass er drei Mal das falsche Hotelzimmer entern wollte.
Trinchieri: "Ich hatte noch nie so einen Schedule"
"In Istanbul hatte ich im Hotel Zimmer 201", erzählt der Bayern-Trainer vom jüngsten Euroleague-Ausflug, "und beim nächsten Spiel in der Woche darauf Zimmer 407 - stand aber mit meiner Hotelkarte vor 201, habe mich gewundert, warum ich nicht reinkomme, und bin runter an die Rezeption, um mich über die kaputte Karte zu beschweren."
Dasselbe sei ihm dann auch noch in Madrid passiert. Trinchieri weiß aber, dass es nicht an ihm liegt, sondern am Spielplan: "Ich hatte noch nie so einen Schedule", sagte der 53-Jährige, der immerhin schon seit 24 Jahren als Trainer arbeitet. "Schauen Sie: Es ist Dienstagmorgen, und ich bin immer noch müde."
Am sehr späten Sonntagabend ist er mit seinem Team aus Gießen zurückgekommen, am Freitag waren sie noch in Madrid, am Mittwoch und Montag in Istanbul - und auch in den nächsten Wochen geht es ähnlich absurd weiter. "Wir haben es irgendwie geschafft, zu überleben", so Trinchieri, "immerhin hat sich niemand verletzt." Das würde ja auch gerade noch fehlen, so kurz vor der heißen Phase der Saison.
Für die Basketballer des FC Bayern beginnt das Achtelfinale der Euroleague gegen den FC Barcelona am 19. April (21 Uhr). Die Mannschaft tritt in der Best-of-Five-Serie danach auch am 21. April (20 Uhr) beim großen Titelfavoriten an. Am 27. April sind die Münchner Gastgeber in eigener Halle, ein viertes Spiel fände dort am 29. April (jeweils 20.45 Uhr) statt. Eine mögliche fünfte Partie in Barcelona ist noch nicht terminiert.
"Jeder hat das Recht zu träumen, aber es gibt da noch eine Realität"
Wie der Coach die Chancen seines Teams einschätzt? Das sei ganz einfach, sagt er: "Wenn Barcelona gut spielt und wir gut spielen, gewinnen die. Wenn wir exzellent spielen und die gut, gewinnen sie wahrscheinlich immer noch." Klingt nicht gut die Bayern. "Jeder hat das Recht zu träumen", sagt Trinchieri noch, "aber es gibt da noch eine Realität." Man habe das Ticket für das Spiel gegen die beste Mannschaft gewonnen, "aber den Druck gegen Barcelona gewinnen zu müssen, brauchen wir nicht".
Bayern-Basketballer planen immer nur bis zum nächsten Tag
Generell habe seine Truppe in dieser von Corona und anderen Erkrankungen geprägten Spielzeit "einen tollen Job gemacht", lobt der Coach, aber man habe eben "nicht einen einzigen Moment lang alle Mann beisammen" gehabt: "Wir haben einen Masterplan, müssen aber jeden Morgen schauen: Sind alle gesund? Erst während des Trainings werden wir sehen, wie wir das Spiel (Mittwoch, 19 Uhr, Audi Dome gegen den Mitteldeutschen BC, d. Red.) vorbereiten. Wir können nicht weiter als bis zum nächsten Tag planen, wollen aber aus den nächsten zwei Monaten so viel wie möglich rausquetschen."
Doch wer weiß, vielleicht gelingt den Underdogs gegen Barcelona noch mal so ein Lauf wie gegen Real Madrid. Trinchieri sagt: "Wenn man solche Dinge nie erlebt, glaubt man auch nicht daran, dass man es in Zukunft schaffen kann. Jetzt wissen wir es."