Nick Weiler-Babb: Mit Bayerns Schweizer Messer Richtung Finale

München - Das zweite Viertelfinalspiel gegen Chemnitz, das Bayerns Basketballer mit 93:76 souverän gewonnen hatten, war längst vorbei, die Zuschauerränge im Audi Dome leer. Doch als Nick Weiler-Babb frischgeduscht aus der Kabine kam und über das Parkett schlenderte, wartete noch ein letzter Gegner auf den Guard des FC Bayern. Genauer gesagt: eine Gegnerin. Das kleine Töchterchen von Teamkollege Augustine Rubit hatte sich einen Ball geschnappt und schaute Weiler-Babb herausfordernd an. Der 26-Jährige nahm die Herausforderung gerne an und deutete zaghaft ein paar Verteidigungsaktionen an. Beide strahlten.
FC Bayern Basketball: 13 Punkte für Nick Weiler-Babb
Unermüdlichen und bedingungslosen Einsatz hatte Weiler-Babb zuvor bereits auf dem Feld gezeigt. 13 Punkte und sechs Assists wies sein Arbeitszeugnis an diesem Abend aus. In Erinnerung war aber vor allem eine Szene kurz vor der Halbzeit geblieben: Mit vollem Körpereinsatz war er da auf dem Bauch entlang über das Parkett gehechtet und hatte es so tatsächlich noch geschafft, seinem Gegenspieler den Ball zu entwenden. Eine Szene mit Symbolcharakter. Denn Bayern führte da bereits mit 46:26. Für Weiler-Babb trotzdem kein Grund, dem Gegner auch nur einen Zentimeter auf dem Feld kampflos zu überlassen.
Weiler-Babb: "Absolut alles reinwerfen, was du hast"
"Ich wollte damit schon ein Zeichen setzen und meinem Team zeigen, dass ich All-in gehe und absolut alles gebe", sagte der US-Amerikaner hinterher: "Es sind die Playoffs. Da musst du absolut alles reinwerfen, was du hast. Jeder Angriff, jeder Ball zählt. Das ist meine Art, genau das zu zeigen." Als Defensiv-Leader seines Teams macht er das schon lange. Und nachdem Darrun Hilliard sich das Schlüsselbein gebrochen hat, ist er auch in der Offensive immer mehr zum Anführer geworden. Weiler-Babb gefällt seit Wochen in neuer Rolle als Point Guard. "Er ist wie ein Schweizer Taschenmesser", sagt Geschäftsführer Marko Pesic über Bayerns Allzweckwaffe. Weiler-Babb findet es "schön, solche Dinge zu hören, vor allem, wenn Marko so etwas sagt. In so einer Mannschaft musst du dazu fähig sein, unterschiedliche Dinge zu tun, um zu helfen."
Dass Bayern die Intensität gegen Ende des dritten Viertels dann dennoch etwas verlorenging, missfiel dem Chefcoach Andrea Trinchieri allerdings. Der Vorsprung des FCBB war in dieser Phase wieder bis auf elf Punkte geschrumpft (74:63/33.). Mit dem Sieg, der die 2:0-Führung und damit am Freitag (20.30 Uhr) in Chemnitz den ersten Matchball für Bayern bedeutet, war Trinchieri zwar zufrieden. "Wenn wir offensiv wie defensiv fokussiert sind, haben wir ein gutes Team, das zusammenspielt", sagte er allerdings, "wenn wir mental nicht präsent sind, haben wir ein Team, das mit dummen Ballverlusten einen 11:0-Lauf kassiert."
Trinchieri: "Nicht ausreichendes Engagement"
Der 53-Jährige bemängelte in der zweiten Halbzeit "nicht ausreichendes Engagement" seiner Mannschaft: "Wir haben 50 Punkte kassiert. Wenn wir so am Freitag spielen, werden wir viele Probleme haben." Auch Weiler-Babb erinnerte daran, dass Chemnitz "uns schon zwei Mal in ihrer Halle geschlagen hat. Dieses Mal wird es hoffentlich ein bisschen anders ausgehen." Alles andere wäre nach dem deutlichen Verlauf der beiden Playoffspiele in München aber auch eine Riesenüberraschung.
"Wir sind jetzt einfach mehr eingeloggt, mehr fokussiert", sagte Weiler-Babb: "Während der Saison mussten wir die Balance zwischen Euroleague und Bundesliga finden, unsere Rotation wechseln." Nun kann sich der FCBB ohne Euroleague-Belastung voll auf die nationale Konkurrenz konzentrieren. "Jetzt brauchen wir jeden voll fokussiert", sagte Weiler-Babb, "und mit hundertprozentigem Einsatz." Wie das aussieht, hat er in Spiel zwei einmal mehr eindrucksvoll vorgemacht.