Marko Pesic im Interview: Es gibt noch Hoffnung – und Zeit

Auch Bayerns Basketballer hat die Corona-Pandemie hart getroffen. Der FCBB-Geschäftsführer erklärt im AZ-Interview, wie das Team mit der Krise umgeht – und wie es seiner Familie geht.
von  Interview: Julian Buhl
Herbert Hainer beerbt Uli Hoeneß im November als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern.
Herbert Hainer beerbt Uli Hoeneß im November als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern. © Daniel Karmann/dpa

AZ-Interview mit Marko Pesic. Der 43-jährige Ex-Nationalspieler ist der Geschäftsführer der Basketballer des FC Bayern.

AZ: Herr Pesic, wie geht es Ihnen?
MARKO PESIC: Eigentlich ganz gut. Ich arbeite weiter und wir versuchen alles, so zu handeln, dass niemand einem Risiko ausgesetzt wird. Das ist die oberste Herausforderung. Aber es muss ja irgendwie auch weitergehen.

Auch Ihre Familie und Ihr Vater Svetislav in Barcelona sind wohlauf?
Da ist, Gott sei Dank, alles gut. Meine Eltern sind dort halt in Quarantäne und etwas eingeschränkt. Ich spreche jeden Tag mit ihnen, denen geht es gut.

Das gilt hoffentlich auch für alle Mitarbeiter beim FC Bayern Basketball. Wie geht es da weiter?
Bei uns sind alle schon länger mit Handys und Laptops ausgestattet, um angesichts der vielen Spiele auf die doch sehr ungeregelten Arbeitszeiten eingestellt zu sein. Wir sind es also gewohnt, dass die Mitarbeiter im Home Office arbeiten. Nun ist der Audi Dome seit eineinhalb Wochen ziemlich menschenleer.

Kein Home Office: Marko Pesic geht noch zur Arbeit

Arbeiten auch Sie zu Hause?
Nicht wirklich. Wir müssen ja schauen, dass wir alles am Leben halten. Ich bin einer der wenigen im Office. Spieler kommen noch manchmal zum Individualtraining in die Halle, aber wir haben keine organisierten Teamaktivitäten mehr. Alles ist freiwillig, aber mit bestimmten Regeln.

Wie sehen die aus?
Wir desinfizieren alles regelmäßig, die Bälle, den Kraftraum und so weiter. Nur ein Spieler und ein Trainer können auf den Court, es gibt Slots zwischen 10 und 14 Uhr. Ansonsten halten sich die Spieler zu Hause fit. Einige waren im Englischen Garten oder im Olympiapark laufen.

Das ist aufgrund der Ausgangsbeschränkung dann nun nicht mehr möglich.
Laufen wird ja offenbar noch möglich sein. Die neue Situation war erwartbar. Aber alle Spieler haben ihre Trainingsprogramme für daheim bekommen.

US-Spieler des FC Bayern dürfen nach Hause reisen

Mehrere BBL-Klubs haben Ihre amerikanischen Spieler bereits freigestellt. Werden Sie das bei TJ Bray und Greg Monroe ebenfalls tun?
Wenn sie in den nächsten Tagen in die USA zu ihren Familien fliegen wollen, ist ihnen das nach Rücksprache mit uns freigestellt. Sie würden aber wiederkommen, sollten wir die Saison noch fortsetzen können. Eine definitive Entscheidung gibt es noch nicht, sie müssen das für sich selber abwägen. Wir werden sie in jedem Fall unterstützen.

Gibt es für die BBL nun noch eine andere Option, als die Saison zu beenden?
Die Vereine, die ihre Spieler gehen gelassen haben, haben sicher eine Option, dass sie wieder zurückkommen. Der Standpunkt von Bayern München ist ganz klar: Wenn wir eine Chance haben, wieder zu spielen, dann wollen wir das tun. Die Saison jetzt komplett abzubrechen, ist noch keine Option.

Auch über den 30. Juni, wenn die Verträge auslaufen, hinaus?
Man sollte die Saison natürlich möglichst bis zum 30. Juni beendet haben, vielleicht ist noch die Zeit bis zum 15. Juli in Erwägung zu ziehen. Der September muss aber für die neue Spielzeit reserviert sein, weil dann die neuen Verträge beginnen. Da geht es auch um Sponsoring- und Ligaverträge sowie das Lizenzierungssystem. Es ist aber noch nicht Ende Mai, sondern Mitte März, es gibt noch Hoffnung und Zeit. Ob das realistisch ist, weiß niemand. Im Moment gibt es ohnehin viel Wichtigeres: Es geht darum, wie wir uns alle und unsere Mitmenschen schützen können.

Wie sieht es mit der Euroleague aus?
Für den internationalen Wettbewerb ist die Herausforderung, mit Reisen durch ganz Europa noch deutlich schwieriger. Wir sind auch hier in ständigem Austausch.

Marko Pesic: "Dass das allen ziemlich wehtun wird, ist klar"

Was würde eine Absage der Saison wirtschaftlich für die BBL bedeuten?
Es muss das Ziel sein, dass die Vereine dranbleiben und nicht aufgeben. Da ist der Solidar-Gedanke wichtig. Wir müssen uns auf die Vorschläge der BBLFührung verlassen, damit alle möglichst positiv aus dieser Geschichte herauskommen. Dass das allen ziemlich wehtun wird, ist klar. Aber jede Entscheidung, die du jetzt triffst, kann weitere Konsequenzen haben für alles, was danach kommt. Wir alle hoffen, dass diese Situation irgendwann überwunden sein wird – und dann muss es neben dem normalen Leben auch uns, die Bundesliga und die Euroleague noch geben.

Was passiert, wenn ein Spieler infiziert wird, ein Team in Quarantäne muss?
Das ist ein Szenario, das wohl früher oder später irgendwo eintreten wird. Darauf muss man sich vorbereiten. Wir können aber jetzt nicht alle den Kopf in den Sand stecken. Ob das dann trotzdem heißt, dass die Liga damit beendet wäre, weiß ich nicht.

Sie rechnen mit einem Verlust von etwa 150.000 Euro pro verpasstem Heimspiel. Kann der FC Bayern Basketball das überleben?
Wir werden alles unternehmen, den Schaden, mit dem wir da rausgehen werden, möglichst gering zu halten. Ob das reichen wird, weiß ich nicht. Wir kämpfen aber jeden Tag dafür, nach Lösungen zu suchen, kreativ zu sein und nicht zu verzweifeln.

FC Bayern Basketball will ohne Hilfe der Fußballer auskommen

Notfalls mit Unterstützung des Fußball-Vereins?
Wir arbeiten seit zehn Jahren so, dass wir auf eigenen Beinen stehen. Die Fußballer werden ihre eigenen Probleme haben.

Ist Gehaltsverzicht der Profis ein Thema?
So etwas muss freiwillig kommen. Ich finde, man kann das von keinem verlangen in der jetzigen Situation.

Haben Sie auch schon mit Uli Hoeneß gesprochen?
Ich habe diese Woche mit ihm telefoniert. Genauso tausche ich mich aber auch mit Herbert Hainer und Bernd Rauch aus. Alle sind für uns da, um zu helfen.

Herbert Hainer beerbt Uli Hoeneß im November als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern.
Herbert Hainer beerbt Uli Hoeneß im November als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern. © Daniel Karmann/dpa

Ist es in dieser Situation überhaupt möglich, irgendwie die Zukunft und die neue Saison zu planen?
Schwer. Seit zwei Wochen sind alle Planungen für die nächste Saison hinfällig. Alles wird sich nun etwas verschieben. Wir müssen abwarten, wie sich die Situation entwickelt – wie alle. Welcher Spieler nächstes Jahr hier spielt oder nicht, kann ich im Moment nicht sagen.

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