Interview

Marko Pesic im AZ-Interview: "Der Audi-Dome wird brennen"

Marko Pesic, Boss der Bayern-Basketballer, spricht im AZ-Interview vor dem Barcelona-Kracher über den Sensationssieg in Katalonien, den besonderen Teamspirit und die Zukunft im neuen SAP-Garden.
von  Thomas Becker
Marko Pesic, Sportdirektor des FC Bayern.
Marko Pesic, Sportdirektor des FC Bayern. © picture alliance/dpa

AZ-Interview mit Marko Pesic: Der 45-jährige ehemalige Basketball-Profi und deutsche Nationalspieler ist seit 2013 Geschäftsführer des FC Bayern Basketball.

AZ: Herr Pesic, wie sind Sie unlängst nach dem sensationellen Auswärtssieg Ihrer Mannschaft beim FC Barcelona ins Bett gegangen? Ist da an Einschlafen überhaupt zu denken?
MARKO PESIC: Das ist generell nach Euroleague-Spielen schwer, weil man da immer sehr spät nach Hause kommt und spät isst - danach ist Einschlafen immer schwer. Gegen Barcelona war das nicht anders. Und wir mussten ja wieder früh raus, um halb acht in der Früh ging der Bus, deswegen habe ich mich zeitig aufs Zimmer verabschiedet.

Marko Pesic: "Grundsätzlich habe ich meiner Mannschaft einen Sieg zugetraut"

Aber so ganz gewöhnlich ist so ein Auswärtssieg beim Branchenführer ja dann doch nicht, oder?
Natürlich war es ein besonderes Spiel. Aber mittlerweile habe ich ja ein bisschen Erfahrung mit der Euroleague und den Playoffs. Was ich gelernt habe: Die Dinge passieren hier unheimlich schnell, es gibt keine Zeit etwas groß zu feiern. Es sind halt Playoffs.

Wenn Ihnen vor Beginn der Serie gegen die Überflieger aus Barcelona jemand gesagt hätte, Bayern gewinnt ein Playoff-Auswärtsspiel, hätten Sie's geglaubt?
Grundsätzlich habe ich meiner Mannschaft einen Sieg zugetraut. Warum nicht? Unsere Mannschaft hat ein sehr großes Potenzial, das in dieser Saison nie voll ausgeschöpft werden konnte, aus verschiedenen Gründen, für die die Mannschaft nicht verantwortlich ist. Die Art und Weise, wie wir uns präsentiert haben, war für mich beeindruckend. Das Resultat ist immer die Konsequenz eines Prozesses. Wenn man in der dritten Minute sieht, wie Othello Hunter, der mit seinen bald 36 Jahren in seiner Karriere alles gewonnen hat, sich Kopf voraus nach einem Ball wirft, raus muss, mit vier Stichen genäht wird - und wieder zurück aufs Feld kommt, dann sagen sich auch die Mitspieler 'Wenn der das tut, dann mach ich das auch!' Ich war so stolz auf unsere Mannschaft und dachte mir: 'Genau so muss es sein!' Die Art und Weise war die Erfüllung für mich, nicht mal das Ergebnis.

Sieg gegen FC Barcelona: "Wir haben keinen Ball verloren gegeben"

Und Bayern war in allen vier Vierteln die bessere Mannschaft!
Nicht weil wir die bessere Qualität haben, sondern wir Tugenden an den Tag gelegt haben, mit denen du auch als Verlierer der Sieger bist. Wir haben keinen Ball verloren gegeben. Dabei waren die Spieler nach der 27. oder 28. Minute platt, haben es aber bis zum Schluss durchgezogen. Deswegen: riesengroßer Respekt!

Die Spieler des FC Bayern Muenchen Basketball jubeln nach Spielende.
Die Spieler des FC Bayern Muenchen Basketball jubeln nach Spielende. © imago images/Jan Huebner

Sie haben es angesprochen: Nie stand der gesamte Kader zur Verfügung, in der Liga gab es einige Aussetzer wie nun am Sonntag in Hamburg, und dennoch hat das Team mit dem Sieg in Barcelona nun gezeigt, dass es in Europa in der absoluten Spitze angekommen ist. Gutes Gefühl, oder?
Unsere Idee war immer, im internationalen Vergleich eine Nische zu finden und in dieser selbst definierten Nische die bestmögliche Mannschaft zu sein. Es geht darum, Mannschaften wie Barcelona, Real Madrid, Fenerbahce und Efes Istanbul in diese Nische mit rein zu ziehen, weil man da gut ist. Sonst haben wir keine Chance. In den letzten zwei Jahren haben wir das ganz gut hinbekommen, dadurch, dass wir uns Charaktere herausgepickt haben, die uns in die Lage versetzen, solche Leistungen abzurufen. Und dieses Konzept geht auf. Die Mannschaft macht toll mit, und jetzt schauen wir mal, was dieses Jahr noch möglich ist.

Beeindruckend war ja auch die Leistungssteigerung von Spielern, die noch in Spiel eins gegen Barcelona kaum sichtbar waren.
Das ist eine unserer großen Qualitäten: dass wir eine unglaubliche Teamchemie haben - und dazu einen Trainerstab, der das auch erkennt und alles aus sich heraus holt, um der Mannschaft zu helfen.

"Das wird auch für unsere Fans ein Fest"

Wie war nach dem Triumph die Stimmung in der Kabine?
Die Stimmung war riesig, klar. Aber wir versuchen immer, so schnell wie möglich ins Hotel zu kommen, damit die Spieler essen und behandelt werden können - die Regeneration ist der Schlüssel.

Am Mittwoch und Freitag folgen nun zwei Heimspiele gegen Barcelona. Wie wird das?
Wir hoffen diese Intensität und das Momentum bis Mittwoch und Freitag konservieren zu können. Das wird eine Herausforderung, weil nichts unter dem, was wir in Barcelona gezeigt haben, reichen wird. Das müssen wir zwei Mal wiederholen, um eine Chance zu haben. Auf der anderen Seite müssen wir es einfach genießen. Die Saison geht so schnell, es passieren eine Million Sachen, dass du irgendwann da stehst und denkst: 'Oh, schon vorbei.' Der Audi Dome wird brennen. Das wird auch für unsere Fans ein Fest. Es wird ein Spagat zwischen maximaler Fokussierung und Genießen-Können, denn das ist das Schönste, was es gibt: gegen Barcelona in den Playoffs zwei Heimspiele zu haben.

Gar nicht auszudenken, wenn der SAP-Garden schon fertig wäre!
Ich bin sehr stolz auf mich: Ich fahre jeden Tag mindestens zwei Mal da vorbei und habe noch keinen Unfall gebaut! Aber die Weiterentwicklung im SAP-Garden wird es nicht geben, wenn wir nicht jetzt das Maximum aus uns rausholen. Das ist auch so ein Spagat zwischen Vorfreude und harter Arbeit bis dahin.

Was für ein Gefühl haben Sie für Mittwochabend?
Ich habe mir in den letzten Tagen von neun in der Früh bis spätabends Termine rein gelegt, damit ich keine Zeit habe darüber nachzudenken.

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