FC-Bayern-Basketballer Paul Zipser: "Normalität ist schwierig, aber mir geht es soweit gut"

München - AZ-Interview mit Paul Zipser: Der 28-jährige Heidelberger ist nach Stationen in der NBA (Chicago Bulls) und Spanien (San Pablo Burgos) seit 2019 zurück beim FC Bayern. Im Juni letzten Jahres musste er wegen einer Hirnblutung notoperiert werden. Seine Rückkehr auf den Court feierte er in diesem März in der Liga gegen die Hamburg Towers.
AZ: Herr Zipser, eine Frage, die Sie seit gut einem Jahr sicher mit schöner Regelmäßigkeit gestellt bekommen: Wie geht's Ihnen?
PAUL ZIPSER: Sehr gut. Bissl erschöpft vom Krafttraining gerade, aber es macht Spaß.

Im Juni vergangenen Jahres mussten Sie wegen einer Hirnblutung operiert werden. Was ist für Sie heute Normalität?
Die sieht gerade so aus: Ich trainiere ein, zwei Stunden am Tag, ansonsten genieße ich die Sonne, bin zuletzt ein bisschen rumgefahren, habe meine Eltern und Großeltern besucht. Normalität ist schwierig, aber seit mehreren Monaten geht es mir eigentlich soweit gut.
Paul Zipser: "Es gibt verschiedene Phasen, und in jede muss ich mich neu reinwerfen"
Uli Hoeneß, der ewige Kümmerer, hat dabei auch eine Rolle gespielt, korrekt?
Der hat sich um viele Sachen gekümmert, zum Beispiel, dass ich einen Platz in der Reha-Klinik bekomme. Auch ein schönes Restaurant habe ich von ihm gezeigt bekommen. Das war sehr cool von ihm. Herbert Hainer hat mich zur Jahreshauptversammlung eingeladen und mir auch ein paar Sachen gesagt, so wie mich auch der ganze Verein immer unterstützt hat.
Neun Monate nach der OP standen Sie wieder auf dem Platz, haben den Rest der Saison mitgespielt. Coach Andrea Trinchieri meinte: "Paul ist zurück, aber er ist nicht wirklich zurück." Wie sehen Sie das?
Es gab - und gibt - verschiedene Phasen, und in jede muss ich mich neu reinwerfen. Erst mal ein bisschen katastrophal rumrennen, und irgendwann komme ich dann mit der Situation klar. So war das auch mit dem Teamtraining und später im Match auf dem Spielfeld. Je länger man das wieder macht, desto mehr kommt Routine, desto weniger denkt man darüber nach, ob man jetzt einen Fehler macht. Sobald man darüber nachdenkt, bloß keine Fehler zu machen, hat es keinen Sinn. Und irgendwann kann man dann wieder anfangen, normal zu spielen. Der Sommer tut mir jetzt gut, wieder weg von allem zu sein, nur auf mich zu schauen. Das genieße ich gerade.
Zipser: "Eine Übung explosiv zum Korb funktioniert erst, wenn du weißt, wo der Ball danach landet"
Wer entscheidet wie und wann Sie in die nächste Phase eintreten? Schließlich kann niemand in Ihren Kopf reinschauen, Sie ja auch nicht!
Der Trainer, also nicht Andrea, sondern Emilio (Spieler-Entwicklungs-Trainer Kovacic, d.Red.), sagt dann: ‚Das sieht eigentlich ganz gut aus. Ich glaube, wir kommen auf den nächsten Schritt schneller, wenn wir ihn schon jetzt anfangen, obwohl wir die andere Phase noch nicht abgehakt haben. Versuch' doch mal das Neue!' Dann sage ich: "Kannste vergessen. Ich werde dir zeigen, dass es nicht funktioniert." Das war dann nicht meine Entscheidung, hat aber überraschenderweise doch ein paar Mal ziemlich gut funktioniert.
Lassen sich die verschiedenen Phasen klar definieren?
Du kannst als Basketballer erst daran arbeiten, wenn die Bausteine davor stimmen. Eine Übung explosiv zum Korb funktioniert erst, wenn du weißt, wo der Ball danach landet. Wenn du das nicht weißt, brauchst du mit dem nächsten Schritt - Rolling oder mit Kontakt - gar nicht erst anfangen. Das habe ich gelernt. Es ist anstrengend für den Kopf. Bei einigen Übungen bin ich auch ein paar Mal hingeflogen. Aber das gehört dazu.
Zipser über die FCBB-Saison: "Das war nicht nur für mich eine Achterbahnfahrt"
Wie gehen Sie mit diesen Misserfolgen und Zweifeln um?
Das lernt man mit der Zeit. (lacht)
Müssen Sie noch zu Nachuntersuchungen?
Drei Monate und ein Jahr nach der OP war ich noch mal beim Chirurgen, sonst nicht mehr. Es gab und gibt Checks vor jeder neuen Phase, auch vor dem Einstieg ins Teamtraining. Aber der chirurgische Teil ist abgehakt.
Ausgerechnet bei Ihrem Comeback gegen Hamburg ist Mannschaftskollege Nick Weiler-Babb mit dem Kopf übel auf den Boden geknallt. Ein Albtraum, oder?
Ich dachte mir: "Warum suchst du dir ausgerechnet das Spiel dafür aus?!" Irgendwie hat das auch gepasst, aber mir hat das den Wind aus den Segeln genommen, zumindest für dieses Spiel. Ich saß auf der Bank, hatte den perfekten Blick auf seinen Sturz - für ein paar Minuten war ich komplett weg, hab' nirgendwohin geschaut, keine Ahnung, wie ich dabei ausgesehen habe.
Wie haben Sie generell die Saison Ihres FC Bayern erlebt?
Ich habe natürlich alle Spiele verfolgt, hatte aber nicht meinen hundertprozentigen Fokus auf dem Team, ich habe das Gefühl für dieses Teams die ganze Saison über nicht so gehabt. Aber rückblickend zu sehen, was alles passiert ist: Das war nicht nur für mich eine Achterbahnfahrt.