Bayerns größter Wunsch: Zipser kämpft nach Hirn-OP um sein Comeback
München - Sein Ziel hat Paul Zipser genau vor Augen, wenn er im Audi Dome direkt hinter dem Korb sitzt und mit seinen Teamkollegen vom FC Bayern Basketball bei den Spielen mitfiebert. Er leidet mit, er jubelt mit - nur mitspielen, das kann Zipser nicht. Noch nicht.
Zipser hinterließ einen positiven Eindruck
Darauf arbeitet der 27-Jährige seit seiner Hirnoperation vor knapp sechs Monaten aber akribisch hin. Ein paar Mal sah man den Nationalspieler vor den Spielen schon auf dem Parkett mit Individualcoach Emilio Kovacic trainieren. Dosiert in Tempo, Intensität und Dynamik - und ohne Körperkontakt. Zipser hinterließ dabei einen überraschend positiven Eindruck.
Das ersehnte Comeback ist für ihn eine einzige Geduldsprobe. "Die letzten zwei, drei Wochen waren die Hölle, weil es gefühlt nicht nach vorne ging", sagte er kürzlich im vereinseigenen Podcast. "Meine Reha ist eine Achterbahnfahrt: stetig aufwärts, aber immer wieder auch mal eine Woche zurück."

Anfang Juni war bei Zipser eine Einblutung im Gehirn festgestellt worden. Am Tag des ersten Endspiels der Meister-Finalserie gegen Berlin hieß es für ihn: Not-OP statt Playoffs. Zipser wurde er aus seinem Basketballer-Leben gerissen und musste sich einen gutartigen Tumor hinter dem rechten Ohr entfernen lassen.
Zipser: "Gesundheit ist das Wichtigste"
Ein heikler Eingriff, denn betroffen war ein sensibler Bereich am Hirnstamm, wo unter anderem das Zentrum für Koordination, für Atmung und Sehen liegt. "Am Abend vor der OP - das war schon emotional. Ich hatte schon ein bisschen Angst", erinnert sich Zipser und sagt: "Basketball ist kleiner für mich geworden. Gesundheit ist die Nummer eins, alles andere kommt auf Platz vier bis weiter runter. Das habe ich gelernt."
Eine Lungenembolie verkomplizierte die Situation zusätzlich, weshalb er auf die Intensivstation verlegt wurde. "Das Erste, an was mich erinnern kann, war, dass ich mich auf die Seite drehen sollte", sagt Zipser, "das hat sich angefühlt, als würde es drei Stunden dauern."
Alles auf Anfang
Seine Motorik war anfangs stark eingeschränkt, speziell auf der rechten Körperhälfte, auch das Sichtfeld war beeinträchtigt. Was er alles neu lernen musste? "Das hört sich jetzt dramatisch an, aber gefühlt im Prinzip alles. Jeden kleinen Schritt."
Zweifel kamen bei Zipser trotzdem nie auf. "Ich habe nie daran geglaubt, auch jetzt nicht, es könnte nicht zu 100 Prozent alles wiederkommen."
Davon ist auch Marko Pesic fest überzeugt. Irgendwann werde es zum Comeback kommen. Da ist sich der Geschäftsführer des FCBB "ganz sicher". Wann, das sei "völlig egal. Wir geben Paul alle Zeit der Welt."
Zipser: "Der Verein ist immer für einen da"
Trotz der Ungewissheit gaben ihm die Bayern einen neuen Dreijahresvertrag, auf den man sich vor der OP verständigt hatte. "Zu wissen, dass der Verein für einen da ist, auch wenn erstmal nicht mit mir zu rechnen ist", sagt Zipser, "das ist ein sehr cooles Gefühl."
Einer der ersten, der ihn am Krankenbett besuchte, war übrigens Ehrenpräsident und Basketballfanatiker Uli Hoeneß. Der habe von Anfang "seine Hand drauf gehabt", sagt Zipser, "alles überwacht und viele Sachen mit eingeleitet".
Die Reha brachte schnelle Fortschritte
Hoeneß sorgte dafür, dass Zipser einen Platz im Medical Park in Bad Wiessee bekam - und seine Reha gemeinsam mit seiner Ehefrau Mira am Tegernsee verbringen konnte. Mit den rasanten Fortschritten, die er dabei machte, verblüffte er selbst die Ärzte.
"Ich hab mal BBL gespielt, jetzt spiele ich gefühlt in der U13", sagt Zipser, der 2016 sogar von Bayern in die NBA gewechselt war und dort zwei Jahre lang für die Chicago Bulls spielte, mit einem Augenzwinkern über seinen Zustand.
Es ist ein Kampf, jeden Tag
"Es ist ein großes Geschenk, dass wir ihn überhaupt hier bei uns haben", sagt FCBB-Chefcoach Andrea Trinchieri über "Pauli", wie er Zipser gerne nennt. Bei der Jahreshauptversammlung des Klubs sorgte der für einen emotionalen Moment, als er die Pokaltrophäe aufs Podium brachte. Bei deren Gewinn war der 2,03-m-Mann Mitte Mai noch Final-Topscorer und in der Form seines Lebens gewesen.
Auch Präsident Herbert Hainer wünscht sich sehnlichst, Zipser möglichst bald wieder genau so zu erleben, und rief ihm vom Podium aus zu: "Ein Comeback von dir hier im Audi Dome ist mehr wert als jeder Titel." Zipser kämpft jeden Tag hart dafür.