Bayern-Urgestein Demond Greene: "Schweinsteiger hatte es ja nicht so weit nach Hause"
AZ: Herr Greene, Sonntag beginnt mit dem Heimspiel gegen Vechta die Bundesliga-Saison des FC Bayern. Keine gewöhnliche, sondern die zehnte der FCBB-Basketballer und die zehnte im Audi Dome. Doch mit Feiern wird das nix, oder?
DEMOND GREENE: Ehrlich gesagt schauen wir im Trainerteam gerade nur von Spiel zu Spiel: Freitagabend gegen Roter Stern Belgrad, Sonntag dann gegen Vechta. Ich weiß gar nicht, ob das Zehnjährige da noch in irgendeiner Weise gehighlightet wird von den Verantwortlichen.
Ziel des FCBB: Internationale Spitze
Als Sie vor zehn Jahren nach Stationen bei Würzburg, Alba, Leverkusen, Bamberg und dem griechischen Klub Larisa zum FC Bayern kamen, wie hat sich das für Sie angefühlt?
Es war auf jeden Fall sehr speziell, diese Farben, dieses Wappen, das ja jahrzehntelang vom Fußball geprägt war, nun auch im Basketball vertreten zu dürfen. Es war klar, dass wir so schnell auch nicht annähernd so erfolgreich wie die Fußballer sein würden, aber das Ziel war schon das selbe: die nationale und internationale Spitze.
Hatten Sie eine Verbindung zum Fußball? Waren Sie Bayern-Fan?
Eigentlich immer, aber ich bin da ein bisschen gespalten. Ich komme ja aus Aschaffenburg, war also Fan der Viktoria. Und Frankfurt liegt um die Ecke, also war ich auch für die Eintracht. Aber auch immer Bayern-Fan. Als Kind hatte ich ein Trikot von Raimund Aumann, weil ich beim Kicken am liebsten im Tor war.
Basketballer Demond Greene bei Olympia
Dabei wollten Sie doch eigentlich Olympiasieger in Sprint und Weitsprung werden!
Leichtathletik habe ich mit sechs angefangen, ich hatte als Fünfjähriger Carl Lewis bei seinen Olympiasiegen 1984 in Los Angeles gesehen - das wollte ich auch schaffen! 1996 Atlanta wäre ein Ziel gewesen oder 2000 in Sydney. Aber dann kam der Basketball dazwischen. Mit dem hab' ich's dann aber auch zu Olympia geschafft: 2008 in Peking.
Wie schnell waren Sie über die 100 Meter?
Mit 15 bin ich 11,3 gelaufen und 6,80 m weit gesprungen.
Das hätte was werden können.
Ja, aber mein Trainer wollte, dass ich Zehnkampf mache, weil ich athletisch so gut war. Aber da waren einige Disziplinen dabei, auf die ich so gar keine Lust hatte: 1.500 Meter zum Beispiel. Da hat sich das dann ein bisschen auseinander entwickelt - und Basketball wurde wichtiger.
Mit Dirk Nowitzki in die Bundesliga
Wie kam's?
Wir waren mit der Schulmannschaft sehr erfolgreich. Mit der Hauptschule Aschaffenburg haben wir in München um die bayerische Meisterschaft gespielt und im Finale gegen eine Münchner Schule verloren. An eine Profi-Karriere habe ich damals noch überhaupt nicht gedacht. Ich kannte Michael Jordan, aber wenn ich Spieler aus der Basketball-Bundesliga hätte aufzählen sollen? Keinen Einzigen hätte ich gewusst! In Aschaffenburg haben mich dann ein paar Trainer angesprochen. . .
. . .und wenig später sind Sie in Würzburg mit einem gewissen Dirk Nowitzki in die Bundesliga aufgestiegen, dann Nationalspieler und Vize-Europameister geworden. Ihre letzten vier Profi-Jahre haben Sie für den FC Bayern gespielt. Wie waren die Anfänge 2010?
Mit der heutigen Belastung kann man das gar nicht mehr vergleichen. Als Familienvater war ich damals schon nicht mehr so in der Party-Fraktion, aber früher konnten wir schon noch mal was essen oder trinken gehen, ohne dass wir gleich von jedermann erkannt wurden. Wenn uns damals hundert Leute erkannt haben, sind es heute wahrscheinlich 10.000 Basketball-Fans in München. Aber wie gesagt: Bei der heutigen Belastung der Spieler rafft sich da abends kaum noch einer auf und zieht um die Häuser.
Bayern-Stammtisch mit Schweinsteiger und Badstuber
So wie früher.
Mit ein paar Spielern um Steffen Hamann hatten wir immer donnerstags so einen Stammtisch, in der Robinson-Bar am Gärtnerplatz. Holger Badstuber und Basti Schweinsteiger waren auch oft dabei - der Schweini hatte es ja nicht so weit bis nach Hause.
Die aufrichtige Begeisterung der Fußball-Stars im Audi Dome war bestimmt eine schöne Zusatz-Motivation.
Definitiv! Gerade der Basti, der Thomas Müller und auch Jérôme Boateng waren ja immer voll dabei. Wir haben uns auch öfter privat getroffen - da wurde dann gekickt und Basketball gespielt.
37 Sekunden Spielzeit und deutscher Meister
Ihre letzte Saison 2013/14 war von vielen Verletzungen gekennzeichnet. Erst in den letzten 37 Sekunden der Saison kamen Sie erstmals zum Einsatz, hatten keinen Ballkontakt und waren am Ende doch zum ersten Mal deutscher Meister geworden - ein sehr spezielles Karriereende.
Das ganze Jahr war besonders. Es hatte sich abgezeichnet, dass meine Karriere verletzungsbedingt zu Ende gehen würde. Am Saisonende hatten sich dann viele Spieler mit deutschem Pass verletzt - Nihad Djedovic und Paul Zipser waren raus -, und für mich war es extrem wichtig, bei diesem letzten Spiel dabei zu sein, nach all den Trainings, bei denen ich zu hundert Prozent dabei gewesen bin. Marko Pesic ist es dann aufgefallen: Er ist zum Coach hin gesprintet und hat gemeint: ‚Svetislav (Pesic, damals der Headcoach des FC Bayern, Anm. d. Red.), lass Demond nochmal rein!'
Dieser Moment war für mich so besonders, dass ich in den 37 Sekunden so nervös war, wie noch nie in meinem Leben. Da waren so viele Emotionen im Spiel. Bei der Meisterfeier habe ich eine kleine Rede gehalten, wo ich diese Emotionen nochmal rauslassen konnte. Da ist schon das eine oder andere Tränchen geflossen. Und zurückgegeben wurde mir das, als mein Trikot im Audi Dome aufgehängt wurde, was eine extreme Verbindung zeigt zu dieser Halle, diesem Verein, dieser Stadt. Ein besonders schöner Moment, den ich nie vergessen werde.
Neue Halle für die Bayern-Basketballer
Noch ein Blick nach vorn: Wo stehen die Bayern-Basketballer in zehn Jahren?
Sie stehen auf jeden Fall in einer neuen Halle: dem SAP-Garden, der ja bald fertig sein wird. Und sie stehen hoffentlich an der europäischen Spitze. Und wenn ich das Bild heute malen dürfte, dann würde ich mich als Teil des Trainerteams auch dazu malen.