Bayern-Neuzugang Gillespie: "Ich bin ein phänomenaler Rebounder"

AZ: Mister Gillespie, aus gut unterrichteten Kreisen haben wir erfahren, dass Sie schon wenige Minuten nach Ihrer Ankunft am Münchner Flughafen einschlägige Erfahrungen mit bayerischem Kulturgut gemacht haben: mit einer Brezn. Wie war's?
FREDDIE GILLESPIE: Die war einfach soooo gut! Ich hatte mittlerweile schon so viele davon! Die sind so ganz anders als amerikanische Brezeln. Und dann gibt's auch noch welche mit Butter drauf! Sooo gut!
Was haben Sie schon gesehen von München?
Das alte Schloss in der Stadtmitte, dieser bayerische Palast. . .
Die Residenz?
Genau, da bin ich bisschen herumgelaufen - und hatte ein paar Brezeln. Ich habe einfach gefragt: ‚Wo gibts hier Brezeln?' Die Straße runter, hieß es, also bin ich die Straße runter. Die sind einfach zu gut, die Dinger.
München: Da beklagen sich sogar NBA-Spieler über den Wohnungsmarkt
Haben Sie schon eine Wohnung?
Ich bin noch im Hotel, habe erst für Oktober eine Wohnung gefunden. Die hier sind ja so teuer und so schwer zu finden!
Auch an der deutschen Sprache sollen Sie sich schon versucht haben. . .
Oh Mann, die ist echt ganz schön kompliziert! Es gibt männlich, weiblich und neutral! Und dieses ch: Das versuche ich ständig auszusprechen, in "ich" oder "noch" - aber das ist hart, Mann!
Ihre erste Fremdsprache?
Nein, das war spanisch. Sieben Jahre lang habe ich das gelernt, allerdings kaum angewendet. Es ist mehr so Konversations-Spanisch.
Waren Sie vor München schon mal in Europa?
In Italien, vor drei Jahren: Venedig, Rom. Aber kein Urlaub, sondern Basketball. Das war nett, ich habe es sehr genossen, den Trip.
Brezen, Bruneck und Franz Wagner: Das und noch vieles mehr hat Deutschland zu bieten
Waren Sie schon mal in den Bergen?
Im Trainingslager in Bruneck war es mein erstes Mal. Es ist wunderschön! Ich habe schon Bilder gemacht und nach Hause geschickt.
Daheim, das ist St. Paul, Minnesota. Da kommt auch Lindsey Vonn her.
Wer?
Ski-Legende Lindsey Vonn.
Ah ja, hab' mal von ihr gehört. Aber nie getroffen.
Aber Franz Wagner, den deutschen Jung-Star, haben Sie getroffen, in Ihrer Zeit bei Orlando Magic.
Ein unglaublicher, phänomenaler Spieler, und er ist noch so jung! Und ein netter Kerl auch noch.
Erst denken, dann handeln: europäischer Basketball vs. NBA
Wer aus der NBA nach Europa wechselt, muss sich in ein anderes System einfinden: andere Regeln, andere Spielweise, andere Taktik. Können Sie einschätzen, was Sie erwartet?
Von dem, was ich bisher gesehen habe, scheint der europäische Basketball sehr viel mehr auf Strategie in der Offensive zu fußen, auf mehr Nachdenken. Nicht dass amerikanische Basketballspieler nicht denken würden, aber es geht hier schon viel um das Positionieren von Spielern, um Timing, Synchronisation, das gemeinsame Bewegen als eine Einheit. Das ist schon anders in den Staaten. Da nimmt einer den Ball, alle schwärmen aus, und dann musst du bereit sein, den Korb zu treffen, wenn du angespielt wirst.
Wer wie Sie in der NBA gespielt hat, verfolgt doch nicht das Geschehen in der Euroleague, oder?
Ein paar ehemalige Teamkameraden spielen Euroleague: einer bei Alba Berlin, einer bei Fenerbahce. Von daher habe ich schon einige Spiele gesehen. Aber nicht allzu viele.
Sie sind 25, aber erst seit zehn Jahren Basketballer. Zuvor haben Sie Football gespielt. Welche Position?
Outside Linebacker.
"Spielt einfach Basketball." – Erinnerungen an sein erstes NBA Spiel
Wie kamen Sie zum Basketball?
Nach einem Football-Spiel kam ein Basketball-Coach zu mir, meinte: ‚Du bist ganz schön groß - magst du nicht mal bei mir Basketball spielen?' Ich sagte ja - und verliebte mich in dieses Spiel. Und habe seitdem nicht damit aufgehört.
Dem Coach sind sicher Ihre extrem langen Arme aufgefallen. . .
Zu der Zeit war ich noch nicht besonders groß, hatte aber diese unglaublich langen Arme. Bis runter zu den Knien haben die gehangen, ich konnte fast meine Knöchel berühren. Der Coach sah meine Spannweite und meinte: ‚Du wirst mal richtig groß.'
Was für eine Spannweite haben Sie?
2,31 Meter.
Die hat sicher geholfen beim Weg in die beste Liga der Welt. Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes NBA-Spiel?
Oh ja, für die Toronto Raptors, auswärts bei den Cleveland Cavaliers. Ich war so nervös! Da gab es einen Deutschen, Isaiah Hartenstein, der meinte nur zu mir: ‚Entspann dich, es ist nur ein Basketballspiel. Spiel einfach Basketball!' Danach habe ich mich besser gefühlt. Ich glaube, ich hatte sechs Punkte und drei Rebounds in 13 Minuten oder so.
Haben Sie ein Ritual vor dem Spiel?
Ich höre immer Drake, am liebsten "Weston road flows" (Drake wuchs in Toronto auf, wo der Song spielt - und Gillespie in die NBA startete, d. Red.).
Gewinnen, verbessern und persönlich wachsen
Wie würden Sie Ihre Stärken beschreiben?
Ich bin defensiv stark, ein guter Blocker, ein cleverer Verteidiger - und ein phänomenaler Offensiv-Rebounder, kann gut am Ring finishen.
Ihr erster Eindruck vom FC Bayern, von Coach Trinchieri?
Der Coach: sehr smart, sehr detailorientiert. Das Team: klasse Jungs, mit Isaac Bonga habe ich in Toronto schon gespielt.

Ihr Ziel für diese Saison?
Gewinnen! Außerdem mein Spiel verbessern, auch persönlich wachsen. Ich glaube, das ist hier in der aktuellen Phase meiner Karriere eine gute Gelegenheit.
Um dann wieder zurück in die NBA zu wechseln?
Klar, ich habe die Zeit in der NBA geliebt, und wenn es die Chance gibt, wieder zurück zu gehen, werde ich die ergreifen.