AZ-Interview mit Andreas Obst: "Ich bin als Spieler noch einmal gewachsen"

AZ-Interview mit Andreas Obst: Der 26 Jahre alte Shooting Guard spielt in seiner zweiten Saison beim FC Bayern.
AZ: Herr Obst, wie angenehm war es diese Woche, dass man vor dem Euroleague-Duell gegen Maccabi Tel Aviv (20.30 Uhr/Magentasport) etwas mehr Zeit zur Regeneration hatte und nicht reisen muss?
ANDREAS OBST: Das tut sehr gut, die letzte Woche war mit drei Spielen in fünf Tagen schon sehr intensiv. Das hat man körperlich und mental gemerkt. Jetzt konnten wir unsere Kräfte wieder etwas sammeln und uns gut vorbereiten.
Sie hatten vor der Saison auch noch die sehr erfolgreiche, aber eben auch anstrengende Heim-Europameisterschaft und haben bisher jedes Spiel des FC Bayern absolviert. Wie ist Ihre physische Verfassung?
Ich merke das alles schon noch ein bisschen. Aber an sich bin ich in einer guten Verfassung, man muss eben schauen, dass man die Belastung ein bisschen regelt. Ich habe schon vor der EM im Sommer einen ganz guten Grundstein gelegt, denke ich. Und ich hoffe mal, dass mir dies Stabilität bringt.
"Eine kürzere Saison wäre sicher hilfreich"
Die Belastungsfrage ist ja nicht erst seit dieser Saison präsent. Was wünschen die Spieler sich eigentlich?
Eine kürzere Saison wäre sicher hilfreich, zwar mit mehr Spielen in kürzerer Zeit, aber so eine Belastung wie im Moment über zehn Monate im Jahr ist schon enorm und dann ist der Sommer dazu noch extrem kurz. Wenn man auch noch Nationalmannschaft spielt, dann hat man nicht einmal die zwei, drei Sommerwochen, wo man wirklich auch mal nichts macht, denn du musst eine gewisse Form einfach ständig halten. Das ist zu wenig, um den Körper komplett zu regenerieren und auf eine neue Saison vorzubereiten, in der einem wieder alles abverlangt wird. Es ist nicht leicht, da eine Lösung zu finden, weil da viele Faktoren dazugehören und hineingreifen in das Thema - zum Beispiel die Reisen quer durch Europa.
Die Ergebnisse des FC Bayern zeigen im Vergleich von Oktober zu November einen positiven Trend. Spürt die Mannschaft das auch grundsätzlich? Ist auf dem Spielfeld eine Entwicklung zu bemerken, die die Ergebnisse unterstreicht?
Wir hatten Spieler zu integrieren, die in Europa auf diesem Level neu sind. Es braucht alles Zeit, in der Vorbereitung waren nicht alle da. Es wäre natürlich schön, wenn es von Anfang an "klick" macht, aber es ist normal, dass zum Saisonanfang so ein paar Stolpersteine im Weg liegen. Wir werden uns weiter steigern, aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg, deutlich weiter als vor ein, zwei Monaten. Trotzdem: Die Saison ist noch lang und wir haben noch eine Menge Potenzial.
"Ich spüre, dass ich als Spieler noch einmal gewachsen bin"
Die EM war nicht nur mannschaftlich, sondern auch für Sie persönlich als bester Dreierschütze des Turniers ein großer Erfolg. Sie haben vor der Saison beim FC Bayern eine ähnliche Rolle erwartet wie vergangenes Jahr, in der Euroleague ist Ihre Spielzeit aber deutlich gestiegen. Hat sich die Rolle verändert, bekommen Sie mehr Verantwortung?
Es wird von mir erwartet, dass ich in der Offensive Gefahr ausstrahle, wenn ich aufs Feld komme und in der Defensive mein Zeug mache. Es hat schon einen Sprung gegeben dieses Jahr, die EM hat mir einen guten Boost und auch Vertrauen gegeben. In meinem zweiten Jahr in München ist auch nichts mehr neu für mich, ich weiß, was der Trainer verlangt. Insofern ist es für mich routinierter und einfacher, ich bin abgeklärter. Ich spüre, dass ich als Spieler noch einmal gewachsen bin.
In der Bundesliga sind die Bayern an der Spitze, in der Euroleague hintendran, aber nicht aussichtslos im Kampf um die Playoff-Plätze. Wie ist die Herangehensweise – auch im Heimspiel gegen Tel Aviv?
Die Euroleague ist sehr ausgeglichen, es sind nur zwei Spiele Unterschied von den Playoff-Rängen nach unten. Da ist noch nichts gegessen. Wir müssen dranbleiben, aber der Druck ist noch nicht so hoch, dass wir jedes Spiel gewinnen müssen. Jeder kann jeden schlagen und deshalb müssen wir jedes Mal konkurrenzfähig sein. Wir wollen einfach hart arbeiten und dann möglichst oft mit dem besseren Ergebnis dastehen. Wir gehen in jedes Spiel, um zu gewinnen.
Viel wurde über einen möglichen Basketball-Boom gesprochen nach der EM. Was sagen Sie? Ist das Interesse angestiegen seit der EM? Hat der Erfolg etwas ausgelöst?
Es haben viele die EM begeistert verfolgt und ich denke schon, dass sich die Basketball-Community etwas erweitert hat. Basketball wird nie der Sport Nummer eins werden in Deutschland, aber es ist schon eine Euphorie entstanden und das Interesse gewachsen, besonders, was die Zukunft der Nationalmannschaft angeht.
"Es geht noch mehr"
Wie beurteilen Sie die Situation rein sportlich im deutschen Basketball? Entwickelt sich die Breite wie gewünscht?
Ich denke schon, dass mehr und mehr Spieler hochkommen, die auf dem internationalen Niveau spielen können. Das hat sich in den letzten Jahren echt gut entwickelt. Es geht noch mehr, es geht noch besser. Aber dass wir bei der Nationalmannschaft so viele Spieler ersetzen können wie bei den letzten WM-Qualifikationsspielen, zeigt, dass wir auf einem sehr guten Weg sind.
Dass es mehr deutsche Spieler gibt, die zu regelmäßigen Einsätzen kommen in den Klubs: Liegt das an einem Sinneswandel der Bosse oder sind die Spieler einfach besser?
Gute Frage. Klar, werden Spieler besser und es wird dann auch realisiert und mehr Wert auf die Entwicklung der Spieler gelegt. Es gibt in Deutschland auch gute Standorte für die Entwicklung der Spieler. Da haben sie Möglichkeiten, sich hoch zu spielen und das macht sich bezahlt.