Zwanziger attackiert Hoeneß und Beckenbauer

Frankfurt/Main – DFB-Präsident Theo Zwanziger
hat im Zuge der Korruptionsvorwürfe beim Weltverband FIFA „Kaiser“
Franz Beckenbauer und Bayern-Präsident Uli Hoeneß heftig
kritisiert. „Was mich an der ganzen Sache schon wundert, ist, dass
Uli Hoeneß mich öffentlich beschimpft, anstatt einfach einmal mit
mir zu sprechen und die Gründe der Entscheidung zu erfragen.
Außerdem habe ich, als Franz Beckenbauer überraschend seinen
Rückzug aus der FIFA-Exekutive angekündigt hat, dem Ligapräsidenten
Reinhard Rauball angeboten, diese Position durch einen Vertreter
der Liga zu besetzen“, sagt Zwanziger in einem Interview mit der
Frankfurter Rundschau.
Zwanziger hatte zunächst kein Interesse an einem Posten im
Exekutivkomitee der FIFA. Liga-Boss Rauball hatte anschließend den
Kontakt zu Hoeneß gesucht, der aber laut Zwanziger keine
Verantwortung übernehmen wollte. „Nach meiner Kenntnis hat er dann
auch mit Hoeneß gesprochen und dieser hat die Übernahme der
Verantwortung abgelehnt, wie auch schon früher an anderer Stelle.
Wem es ernsthaft um Demokratisierung und Modernisierung großer
Verbände geht, der darf nicht von außen nur draufhauen“, sagte
Zwanziger, der zudem auch Beckenbauer einen Seitenhieb verpasste:
„Außerdem sitzen und saßen im Exekutivkomitee der FIFA schon länger
sehr kompetente Leute. Auch aus Bayern.“
DFB-Boss Zwanziger wirft Beckenbauer damit vor, dass er trotz
der immer wieder aufkeimenden Korruptionsvorwürfe untätig geblieben
sei. `Und jetzt kommt der Theo Zwanziger dazu und soll plötzlich an
allem Schuld sein, was bislang falsch gelaufen ist? Dagegen
verwahre ich mich mit großer Entschiedenheit", sagte Zwanziger.
Hoeneß hatte Zwanziger wegen dessen Unterstützung für
FIFA-Präsident Joseph Blatter heftig attackiert. „Die Haltung des
DFB in dieser Sache stört mich. Herr Zwanziger ließ keinen Zweifel
daran, dass man Blatter wählen wird. Ganz nach dem Motto: Augen zu
und durch. Ich bin enttäuscht, dass der DFB vor diesen unseriösen
Machenschaften die Augen verschließt und nicht gegen Blatter Druck
macht. Wegschauen heißt auch akzeptieren. Wer das tut, ist
mitschuldig“, sagte der Präsident von Bayern München.
Jurist Zwanziger forderte zudem einmal mehr, über eine
Neuvergabe der WM 2022 nachzudenken. „Es kann nicht sein, dass die
Vergabe der Weltmeisterschaft unter dem Verdacht der Korruption
steht. Ich verwende das Wort, auch wenn es nicht ganz richtig ist.
Spätestens nachdem der FIFA-Generalsekretär in einer Mail diesen
Verdacht äußerte, müssen wir das alles sehr ernst nehmen. Das muss
geklärt werden. In die eine oder andere Richtung. Die Abstimmung zu
Gunsten von Katar war 14:8. Wenn nur drei Stimmen nicht nach den
eigenen ethischen Vorgaben der FIFA abgegeben wurden, dann ist die
Abstimmung nicht zu halten“, sagte Zwanziger.
Auch die Tatsache, dass in der von FIFA-Präsident Blatter
gegründeten Lösungskommission ein Star-Tenor wie Placido Domingo
sitzt, kritisierte Zwanziger. „Ein Beweihräucherungsklub darf das
nicht werden. Placido Domingo ist ein großer Freund des Fußballs,
aber so etwas kann er wirklich nicht leisten“, sagte Zwanziger, der
aber weiter volles Vertrauen in Blatter hat: „Er ist viel zu klug,
um sich korrumpieren zu lassen. Damit würde er sich nämlich in
Abhängigkeiten begeben, erpressbar werden und genau das kann er
nicht wollen. Aber er ist auf jeden Fall ein sehr guter Netzwerker
und Strippenzieher.“
Der vom DFB-Präsidenten initiierte „Runde Tisch“ wegen der
anhaltenden Korruptionsvorwürfe bei der FIFA ist derweil auf die
Zeit nach der Frauen-WM (26. Juni bis 17. Juli) verschoben worden.
Da Beckenbauer und Karl-Heinz Rummenigge als Vertreter von Bayern
München vor der nächsten DFB-Präsidiumssitzung am 24. Juni aus
terminlichen Gründen nicht an einem Runden Tisch teilnehmen können,
soll die Sitzung nun erst Ende Juli stattfinden.