Zum 80. Geburtstag von Peter Kupferschmidt: "Der Franzi! War das ein fescher Bursch!"

AZ-Interview mit Peter Kupferschmidt: Als Volksdeutscher in Jugoslawien geboren, spielte er von 1956 bis 1971 beim FC Bayern. An diesem Mittwoch feiert er seinen 80. Geburtstag.
AZ: Herr Kupferschmidt, erst mal Respekt: Die 80 Jahre sieht man Ihnen überhaupt nicht an! Ihr ehemaliger Mannschaftskollege Gerd Müller ist vergangenes Jahr mit 75 gestorben.
PETER KUPFERSCHMIDT: Sieben Jahre lange waren wir zusammen auf dem Zimmer. Ein ganz feiner Kerl war das, der Gerd. Im Vereinsmagazin des FC Bayern haben sie nach seinem Tod ein ganzes Heft nur über ihn gemacht. 125 Seiten! Einmalig. Mich pressen's jetzt dann auch rein - mit zwei Seiten.

Kupferschmidt über Gerd Müller: "So ein lieber, toller Mensch"
Hatten Sie zuletzt noch Kontakt zum Bomber?
Vor zwei Jahren hab' ich ihn mit dem Werner Kern (der ehemalige Co-Trainer von Udo Lattek und Dettmar Cramer, d. Red.) draußen in Straßlach besucht: Er hat uns nicht mehr gekannt. Das war traurig. Vier, fünf Jahre war er da draußen, immer schlechter wurde es, am Ende hat er nur noch gelegen. So ein lieber, toller Mensch.
Zu wem von den Ehemaligen haben Sie sonst noch Kontakt?
Als der Gerd vor einem halben Jahr gestorben ist, haben sie uns alle ins Stadion eingeladen, zur Trauerfeier. Da waren sie alle da, auch der Franzi…
Sie meinen den Beckenbauer?
Da sah er wirklich schlecht aus. Herzprobleme hat er jetzt wohl auch. Sappralot, war das ein fescher Bursch! Und auch ein ganz feiner Kerl. Den Maier Sepp sehe ich auch öfter. Der ist ja fit wie eh und je. Als könnte er sich gleich wieder ins Tor stellen. Neulich beim Stammtisch im Campus hat er wieder Torwarthandschuhe unterschrieben und kam dann zu uns rüber.
Ins Stadion? Kupferschmidt: "Nur, wenn ich eingeladen werde"
Es gibt einen Stammtisch auf dem Bayern-Campus?
Das ist der von den Montags-Kickern. Ein paar spielen immer noch, vier gegen vier in der Halle, auf kleine Tore. Früher war der Stammtisch in der Säbener, danach waren wir dann beim Roiderer in Straßlach, aber das war vielen dann zu weit draußen, und nun macht die Gaststätte am Campus montags extra für uns auf. Donnerstags hab' ich noch einen Fußball-Tennis-Stammtisch in Riemerling, einen in der Tennishalle in Ismaning und noch den vom Sport Scheck, wo ich ja über 30 Jahre lang gearbeitet hab'. Da leben auch noch ein paar. . .

Spielen Sie jetzt noch Tennis?
Ja, aber ich höre jetzt dann auf. Fußball spiele ich ja schon seit zehn Jahren nicht mehr. Mein Herzmuskel arbeitet zu stark.
Aber Sie schauen noch, oder? Auch mal im Stadion?
Nur, wenn ich eingeladen werde. Außerdem ist der Weg von der U-Bahn ins Stadion so weit.
Libero statt Viererkette: "Früher war das einfacher"
Was für einen FC Bayern erleben Sie da gerade?
Alle schimpfen jetzt über den Hasan Salihamidzic, - der ist ja schon lange da. Ich finde, dass Julian Nagelsmann zu offensiv spielt, gerade auswärts - die anderen Mannschaften wissen das! Die bleiben hinten und kontern dann, sind alle pfeilschnell. Da verlieren wir haushoch in Gladbach, und der Dino Toppmöller, der Co-Trainer, traut sich mit seinen 35 Jahren nix zu sagen! Der Alphonso Davies gefällt mir, aber der hat manchmal Tage, da rennt der vorne umeinander und lässt hinten den Dayot Upamecano allein stehen - dann macht der Fehler. Neulich war ich in der Geschäftsstelle an der Säbener und hab' beim Training zugeschaut: Bei den Steigerungsläufen ist er einer von den Schnellsten. Und erst 23! Das ist schon ein Guter. Früher war das einfacher: Wenn dich einer ausgespielt hat, war der Franzi da, der Libero. Ich höre immer Dreierkette, Viererkette: Hör mir auf! Und zu diesem Kurzpassspiel, das sie vorne spielen, gehören halt Leute - und die fehlen dann hinten.
Begeistert klingen Sie nicht gerade.
Wir hatten nicht so viele Ausländer. Jetzt sprechen sie fünf verschiedene Sprachen, und wenn dich einer nicht verstehen will, dann versteht er dich nicht. Da ist kein Kopf drin, der anschafft. Die anderen müssen sehen, dass da einer stärker ist, der mehr Talent für das ganze Spiel hat. Wir haben uns damals halt untergeordnet, weil wir unbedingt in dieser Mannschaft spielen wollten. Die Großen haben es nicht raushängen lassen. Das kam erst später. Ein Beispiel: Als ich meine Knie-Verletzung hatte, bin ich nicht mehr so akzeptiert worden. Dann läufst du da halt so mit. Dann kamen der Pauli Breitner und der Hoeneß Uli, ganz andere Typen. Dann kommt noch der Planet ins Spiel. Ich bin Sternzeichen Fisch: zu gut für diese Welt. Die anderen haben die Ellbogen ausgefahren und ihre Klasse in den Vordergrund geschoben. Aber ich hätte mich auch beim Pauli und beim Hoeneß untergeordnet - solange ich nur spiele. Eine Hierarchie muss es geben.
Schlaflose Nächte vor großen Spielen
Was war damals das schönste, beeindruckendste Stadion, in dem Sie gespielt haben?
Wir haben jedes Stadion gut gefunden - wenn man es gewohnt ist im Grünwalder zu spielen. . . Und wer da alles gespielt hat gegen uns! Der FC Santos, gegen die wir glatt 1:9 verloren haben. Oder das 1:5 gegen Botafogo mit Garrincha und Didi. . .
Große Namen.
Auch gegen den Lothar Emmerich habe ich noch gespielt, 3:6 haben wir da gegen Borussia Dortmund verloren. Und dann das 4:7 in Kaiserslautern - nach 4:1-Führung! Als Verteidiger musste ich ja immer gegen die Schnellen ran - da hab' ich in der Nacht davor oft nicht gescheit schlafen können. Aber wir sind schon auch ganz schön herum gekommen: Drei Mal Südamerika, sieben Städte in den USA, Casablanca, mit dem Bus über die Alpen nach Italien, überall waren wir. Und ganz oft hab' ich dabei Trikots getauscht - aber nach dem frühen Karriereende alle hergeschenkt.