Zoff um Podolski: "Lukas muss sich durchboxen"

München - Vor dem Bielefeld-Spiel erhöht Jürgen Klinsmann den Druck auf Sorgenkind Lukas Podolski - auch indem er Musterschüler Miroslav Klose in den Himmel lobt.
Es ist jede Woche das gleiche Spiel. Jürgen Klinsmann betritt den Raum mit einem Grinsen im Gesicht und einem vollmundigen "Mahlzeit". Alles ist okay. Nur diesmal klopft er nicht zwei Mal auf den Tisch. Geschenkt. Stimmt etwas nicht? Gleich mit der ersten Frage kommt er auf sein Lieblingsthema. Weil er muss. Es geht um Lukas Podolski. Was schon zuletzt in chronischer Regelmäßigkeit der Fall war, ist auch vor dem Bielefeld-Spiel Tagesthema und Klinsmann hebt mahnend den Finger in Richtung seines „Problem-Stürmers“: "Lukas helfen nur Erfolgserlebnisse und die Bestätigung seiner Klasse in den Spielen", sagt Klinsmann.
Nachdem in den letzten Tagen schon Uli Hoeneß ("Warum es bei ihm nicht klappt, weiß ich nicht - er kann es nicht umsetzen") und sogar Karl-Heinz Rummenigge scharfe Kritik an dem Stürmer übten, hat sich die Position von Podolski nicht gerade verbessert.
"Bei Poldi ist es nach wie vor die gleiche Grundkonstellation, dass es über die Arbeit geht." Klinsmann wird direkt. "Lukas muss sich da durchboxen. Dass die Arbeitskonstellation beim FC Bayern schwierig ist, das ist einfach so. Wir haben immer gesagt: wenn Lukas die Gelegenheit hat zu spielen, dann muss er unterstreichen, dass er diesen Platz will." Dann fügt der Bayern-Trainer hinzu: "Wir sind in einer Leistungssituation. Wir Trainer fragen uns, wer die Nase vorne hat und auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Momentan haben Luca und Miro die Nase vorn."
Ob die mahnenden Wort beim Stürmer angekommen sind? Gegen Bielefeld wird Podolski seine dritte Chance nach Wolfsburg und Frankfurt erhalten. Seine letzte? In beiden Spielen ging er leer aus. Keine Tore. Chance vertan. Wieder mal muss er sich jetzt gegen Bielefeld präsentieren, als Ersatz für Luca Toni, der laut Klinsmann noch kein Thema ist für das Spiel gegen die Ostwestfalen. Mal wieder Sonderbeobachtung für Podolski. Wie kann der Stürmer seine Situation verbessern? "Nur Lukas allein definiert seine Zukunft. Wenn er so gut spielt, dass man nicht um ihm herum kommt, dann wird er auch spielen."
Ein anderer bekommt dagegen die ganze Ladung Lob ab. Der Trainer strahlt zufrieden, als die Rede auf die aktuelle Form von Miroslav Klose kommt. "Miro kommt von der Fitness immer mehr auf das Level, wo er hingehört, das gibt ihm Selbstvertrauen."
Lob kommt dem Schwaben offenbar leichter über die Lippen als Kritik. "Miro ist ein Geber für die Mannschaft. Er kriegt von uns die Wertschätzung dafür." Der Gelobte genießt ("Ich habe Extraschichten geschoben, habe mehr getan als die anderen") und schweigt, nicht aber, wenn es um seinen aktuellen Sturmpartner geht. Macht Podolski zu wenig? "Lukas tut nicht zu wenig. Ihm da einen Vorwurf zu machen, sehe ich nicht. Er bemüht sich."
Volle Unterstützung klingt anders. "Man muss aber festestellen, dass die Leistung von Lukas bei Bayern nicht wie in der Nationalelf ist", erläuert Klose. Hat er mit seinem Katzenspruch („Für Streicheleinheiten müssen wir uns eine Katze kaufen") Podolski bewusst lächerlich gemacht? Klose: "Damit habe ich nicht nur Lukas gemeint."
Ein anderer junger Kollege kann momentan gut mit Podolski mitfühlen: Toni Kroos. Klinsmann: "Kroos hat hervorragend angefangen, bis die EM-Nachzügler auf Touren kamen. Wenn der Kader voll ist, dann reicht es nicht mal für die Bank. Er hat viel, viel Talent." Klingt nicht gut. Der Trainer hat sogar Mitleid mit Kroos: "Natürlich tut es weh, wenn man einem Jungen sagen muss, dass er noch nicht da ist , wo er sich selber gerne sehen würde." Klingt irgendwie ähnlich wie bei Podolski ein paar Minuten vorher. Podolski und Kroos - Geteiltes Leid ist halbes Leid.
Reinhard Franke