"Ziemlich souverän": Die nimmersatten Über-Bayern
Der FC Bayern München dominiert die Bundesliga nach Belieben, fertigt Werder Bremen mit 7:0 ab - und doch ist Trainer Pep Guardiola noch immer nicht zufrieden. Und Uli Hoeneß fordert: oben bleiben!
München - Nach 70 Minuten tickte Pep Guardiola mal eben kurz aus. 5:0 stand’s da schon für Bayern, doch Guardiola schimpfte, zitierte Thiago Alcántara zu sich an die Seitenlinie und geigte seinem Landsmann die Meinung.
Am Ende stand’s 7:0, doch Guardiola interessierte das nur marginal. Ja und? Für ihn sind Ergebnisse nur die Konsequenz einer Darbietung, nicht deren primärer Zweck. Deswegen hatte er auch an Thiago etwas zu kritteln.
"Er hat gut-gut gespielt die erste Halbzeit, die ersten dreißig Minuten", sagte Pep. "Aber die zweite Halbzeit hat er nicht gut gespielt." Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Nicht gut, sagt er. Beim 7:0.
FC-Bayern-Tore im Audio-Kommentar
Es gibt eben immer etwas zu verbessern bei den Bayern, selbst wenn sie längst die Über-Bayern sind, Rekord um Rekord aufstellen. "Es war das erste Spiel mit gutem Positionsspiel, das erste!", entfuhr es Guardiola auf der Pressekonferenz. Ein bisschen zufrieden war er wohl doch, auch wenn er sich bei keinem Tor so richtig gefreut hatte.
Ein bisschen knallen darf’s bei den Bayern schon, ergebnistechnisch. "Wir sind in der Unterhaltungsbranche", sagte Uli Hoeneß, der aussah wie der Weihnachtsmann himself, als ihm Guardiola in den Katakomben des Stadions in die Arme lief.
Rotbackig, mit einem rot-weißen Schal umschlungen, hielt er den Bayern-Trainer, der ihn beinahe übersehen hätte, am Arm fest. "Hallo, Herr Guardiola!", schnurrte er. "Alles okay?" Was dieser freilich bejahte.
Das 7:0 in Bremen war schließlich der elfte Pflichtspielsieg in Folge, das 26. Liga-Auswärtsspiel ohne Niederlage (Rekord von 1987 eingestellt), der 28. Liga-Sieg mit den Punkten 88, 89 und 90 im Kalenderjahr 2013.
41 Zähler nach 15 Spieltagen hatte noch niemand in über 50 Jahren Bundesliga, 40 Spiele ohne Niederlage in Serie gesamt sowieso nicht, 52 Spiele mit mindestens einem Tor erst recht nicht. "Ziemlich souverän", sagt Thomas Müller – die Untertreibung des Jahres.
"Wenn wir früh ein Tor machen und ins Laufen kommen, kommt das eben dabei heraus", sagte Hoeneß, beinahe entschuldigend. Noch eine wahnwitzige Statistik: Keins der letzten 78 Liga-Spiele, in denen Bayern führte, ging verloren, letztmals passierte das im Februar 2011, beim 2:3 in Köln. Damals im Amt: Lebemann Louis van Gaal.
Jetzt hat Guardiola das Kommando, der perfektionistische Asket, der Irre – positiv gemeint. "Er versucht immer, etwas zu verbessern, wird auch an diesem Spiel noch etwas finden", erklärte Hoeneß, der das prinzipiell ziemlich dufte findet: "Wir spielen zurzeit weltklasse, aber das haben wir uns hart erarbeitet und werden noch sehr viel dazu tun müssen, um da oben zu bleiben."
Den Begriff "Über-Bayern" mag er indes überhaupt nicht gerne hören: "Die, die jetzt sagen, wir seien zu übermächtig, sind die selben Leute, die vor anderthalb Jahren gesagt haben, Bayern sei ein Auslaufmodell und Dortmund der Verein der Zukunft. Ich lasse mich nicht einlullen!" Denn: Wenn man anfänge, sich zurückzulehnen, werde man schnell sein blaues Wunder erleben.
"Wenn wir nächste Woche verlieren, ist der Traum schon wieder vorbei. Nach oben zu kommen, ist nicht die Kunst – sondern oben zu bleiben. Wir müssen das über mehrere Jahre hinkriegen, das wird Guardiolas Aufgabe sein." Kommende Woche geht’s übrigens gegen den HSV. Vorjahresergebnis: 9:2.