Ziemlich beste Freunde: Die besondere Beziehung von Thomas Tuchel und Uli Hoeneß beim FC Bayern

München – Es waren die ersten Worte, die Thomas Tuchel in einer turbulenten Bayern-Woche nach der Entlassung von Julian Nagelsmann sprach.
"Zunächst mal bin ich davon überzeugt, dass es eine Ehre und eine Auszeichnung ist, von Bayern München angefragt zu werden." Anschließend bedankte er sich ausdrücklich "für das Vertrauen bei Oli (Kahn, d. Red.), Brazzo, Herbert Hainer und Uli Hoeneß."
Thomas Tuchel dankt Uli Hoeneß – doch der hatte mit der Verpflichtung des Trainers nichts zu tun
Dabei hatte Hoeneß mit Tuchels Verpflichtung und Nagelsmanns Entlassung überhaupt nichts zu tun. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" hatte er noch ausdrücklich vor einem Trainerwechsel in der Crunchtime der Saison gewarnt.
"Erstens, ich denke auch, dass wir kritisch über Julian Nagelsmanns Zukunft reden müssen, aber ich halte den Zeitpunkt zehn Tage vor dem Dortmund-Spiel für falsch. Zweitens: Wenn ihr das partout machen wollt – er (Hasan Salihamidzic, d. Red.) sagte: Ja, das wollen wir –, dann müsst ihr darauf achten, dass alles sauber abläuft", schilderte der Bayern-Patron sein Gespräch mit dem damaligen Sportvorstand.
Thomas Tuchel baut früh Beziehung zu Uli Hoeneß auf – und hält diese als FC-Bayern-Trainer
Nichtsdestotrotz kommen Hoeneß und Tuchel bestens miteinander aus. Als Letzterer im März 2011, damals noch als Mainzer Coach, vom DFB den Trainerpreis des deutschen Fußballs erhielt, schloss er am Rande der Gala bereits erste Bekanntschaft mit Hoeneß. Auch während des Trainings wurde Hoeneß mehrmals an der Seite von Tuchel gesichtet.

Am Rande des ersten öffentlichen Trainings in Rottach-Egern sprang Tuchel dem Bayern-Patriarchen zur Seite, als sich dieser so redselig zum Thema Harry Kane präsentierte, dass sogar Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen verbal abrückte: "Es ist sein gutes Recht. Manchmal entscheidet Uli aus dem Bauch heraus, Klartext zu sprechen. Und manchmal hält er sich zurück. Das ist er, wie er leibt und lebt", so Bayerns Coach bei "ran.de".
Salihamidzic und Kahn als Beispiele: Wie man von Hoeneß "bis ans Lebensende geschützt" wird
Man könnte es als neue Männerfreundschaft auslegen – oder Gerissenheit. Tuchels Aussagen zeigen, dass ihm vom ersten Tag an klar war, wo beim FC Bayern immer alle Fäden zusammenlaufen werden. "Jemand, der mir etwas Gutes getan hat, ist geschützt bis zum Lebensende", sagte Hoeneß auf AZ-Nachfrage Anfang März über Hasan Salihamidzic.
Auch beim ehemaligen Sportvorstand lässt sich dieselbe Entwicklung festmachen. Salihamidzic akzeptierte seine Entlassung und durfte im Anschluss mit der Mannschaft den Titel feiern, der auch ihm gebührt, während der lautstark protestierende Oliver Kahn verbannt wurde.
Während seiner Zeit als CEO nahm Kahn den Ratschlag der beiden Granden Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge kaum in Anspruch, bestätigte Bayerns Ehrenpräsident: "Es ist völlig legitim, sich freizuschwimmen. Nur warum zum Beispiel auf den Rat eines Mannes wie Karl-Heinz verzichten, der so viel über den FC Bayern weiß?"
Auch deshalb – und weil Kahn "auf Schlüsselpositionen seine Leute installieren" wollte sowie die Situation um ihn und Intimfeind Jan-Christian Dreesen zu eskalieren drohte – betonte Hoeneß, Kahn wäre "auch bei drei Titeln" entlassen worden.
Mächtigster FC-Bayern-Trainer aller Zeiten: Tuchel legt sich die ideale Ausgangsposition zurecht
Durch die gute Beziehung zu Hoeneß hat sich Tuchel eine extrem solide Position innerhalb des Klubs aufgebaut. Das 0:3 bei Manchester City, die 1:3-Niederlagen in Mainz und gegen RB Leipzig, die fast verspielte Meisterschaft. Viele andere Trainer wären dafür infrage gestellt worden. Der eloquente und gewitzte Tuchel hingegen bekam Zeit. Die "Bild" bezeichnete ihn vor einigen Wochen als "mächtigsten Bayern-Trainer aller Zeiten".
Tuchel wurde in die Transfer-Taskforce involviert und durfte, in Abwesenheit eines nominellen Sportvorstands, dessen Entscheidungen übernehmen. Ab dem 1. September ist dafür Christoph Freund zuständig. Dass Tuchel dann wieder auf seinen ursprünglichen Posten zurückkehrt, ist für ihn selbstverständlich. Dadurch hat er gute Chancen, die Amtszeiten seiner Vorgänger zu überbieten – und vielleicht auch die Anzahl ihrer Titel.