Xabi Alonso: Bayern-Superstar in der Kritik

Der Spanier war in der Hinrunde bester Spieler der Bayern, jetzt steht er – nicht nur aufgrund des Platzverweises gegen Donezk – in der Kritik.
München - Die Entscheidung war völlig korrekt – eine klare Sache. Die Rote Karte für das traditionelle Bankett nach einem Champions-League-Spiel hatten die Bayern schon vor der Abreise in die Ukraine beschlossen. Dass man nach dem Spiel in Lwiw gegen Schachtjor Donezk sofort zum Flughafen fuhr und in der Nacht nach München zurückflog, war die richtige Wahl. Ein wenig Anschweigen nach dem tristen 0:0 in der Ukraine bei einem Mitternachtsdinner, gar Zigarren-lose Stimmung? Nein, dann lieber gleich wieder ab nach Hause – nach München.
Um 2.35 Uhr morgens landete der LH-Airbus 321 mit dem Bayern-Tross in München – kurz danach zwei Fan-Sonderflieger. Für einen dürfte der 80-minütige Flug besonders bitter gewesen sein: Xabi Alonso. In seinem 100. Champions-League-Spiel (sechs für Bayern, 47 für Real Madrid, 39 für Liverpool, acht für Real San Sebastian) sah er nach 65 Minuten die Gelb-rote Karte. Zwei Mal war er im Mittelfeld zu spät gekommen, wusste sich nicht anders zu helfen als mit einem Foul. Wenigstens überstanden die Kollegen zu zehnt die restliche knappe halbe Stunde ohne Gegentor. Alonso wäre wohl lieber noch eine Nacht in der Ukraine geblieben – und hätte sich im Hotelzimmer verkrochen.
Lesen Sie hier: Dietmar Hamann rät Lewandowski zu Wechsel
Doch nicht der 33-jährige Spanier wurde für die bangen Minuten gegen Ende der Partie verantwortlich gemacht – nein, sein Landsmann: Schiedsrichter Alberto Undiano Mallenco. „Der war eine einzige Katastrophe. Das war kein Champions-League-Format“, schimpfte Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und fügte grinsend hinzu: „Wahrscheinlich hat der Schiedsrichter gemeint, weil er aus Spanien ist, müsste er besonders gegen Spanien pfeifen.“ Besonnener und damit realistischer reagierte Matthias Sammer. Der Sportvorstand registrierte zwar „eine merkwürdige Leistung“ des Schiedsrichters, hielt sich aber zurück: „Ich bin ein bisschen vorsichtig, weil man sich im Leben immer zwei Mal sieht.“ Alonso und Donezk nicht. Der Mittelfeldspieler fehlt im Rückspiel.
Die Bayern müssen es ohne ihren besten Spieler der Vorrunde richten. Seit der Winterpause jedoch hat Alonso, zuvor absolut uneingeschränkte Hoheit als König der Ballverteiler, nachgelassen. Seltsam. Fast, unheimlich. Sagte er doch über die mehr als zwei Wochen Urlaub über Weihnachten, die er aus der spanischen und der englischen Profiliga nicht kannte: „Das ist eine neue Erfahrung für mich. Es gefällt mir. Wir konnten die Beine und den Kopf erfrischen.“ Offenbar hat Alonso die Pause aus dem Rhythmus gebracht. Oder liegt es an seinem neuen Nebenmann?
Das Zusammenspiel mit Bastian Schweinsteiger funktioniert nicht. Als Alonso beim 8:0 gegen den Hamburger SV angeschlagen fehlte, konnte der Nationalelf-Kapitän sein Spiel im Mittelfeld frei entfalten. Im ersten gemeinsamen Champions-League-Spiel der beiden von Beginn an gab der Spanier den defensiveren Sechser, Schweinsteiger agierte offensiver – natürlich nur bis zum Platzverweis. Im „Sky“-Studio sagte Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer: „Es ist eine Frage der Positionierung. Schweinsteiger und Alonso auf einer Höhe, das kannst du machen, wenn du defensiv spielen willst, aber das ist dann nicht der FC Bayern.“ Das Problem: Sie sind auch leistungsmäßig nicht auf einer Höhe.
Stimmen zum Donezk-Spiel: "Der Schiedsrichter war eine einzige Katastrophe"
„Alonso ist schon ein bisschen weiter als der andere“, sagte Sammer über das ungleiche Duo, „Xabi hat mit Herz gespielt, aber er kann es noch viel besser.“ Diese uneingeschränkte Souveränität ist plötzlich weg. Alonsos Abstieg – nur ein Zwischentief? Auch wegen der Gelb-roten Karte? „Er ist Vollprofi, ein bisschen traurig“, sagte Sammer, „aber manchmal braucht man auch nur zwei, drei Blickkontakte und du weißt, es geht immer weiter im Fußball.“
Im Rückspiel könnte Philipp Lahm den gesperrten Alonso vertreten. Wenn der Kapitän es schafft. Nach seinem Fußbruch im November ist er seit ein paar Tagen wieder im Lauftraining.