"Würde ihm heute eine Eins geben": Wiesn-Gala als Brustlöser für Tuchel und den FC Bayern

München - Thomas Tuchel schien schon eine Vorahnung gehabt zu haben, was sich an diesem Samstagnachmittag ereignen sollte. Mit einem breiten Grinsen kam er vor der Partie gegen den VfL Bochum zum Interview und flachste, auf die Frage, warum denn Eric Maxim Choupo-Moting spielen würde und nicht etwa Jamal Musiala oder Thomas Müller, trocken: "Warum nicht?"
Kane lobt die Teamleistung: "Jeder hat am Maximum performt"
Genauso spielte seine Mannschaft auch in den kommenden 90 Minuten: Mit viel Spielfreude, Kreativität und Offensivdrang. Dass es Choupo-Moting war, der die 7:0-Gala eröffnete, passte zu einem nahezu perfekten Münchner Samstagnachmittag. Insbesondere aber profitierte Harry Kane von der Umstellung. Drei Tore und zwei Assists gelangen dem Engländer. "Wir haben es einfach aussehen lassen, durch die Art und Weise, wie wir gespielt haben", erklärte Bayerns Nummer 9 bei Sky.

Gegen den VfL Bochum agierte Kane gleich in zwei Rollen: Zuerst als Teil einer Doppelspitze, an der Seite von Choupo-Moting. Anschließend, nachdem Mathys Tel in die Partie kam, als klassischer Neuner. Ein Tor vor der Pause, zwei danach. "Mir gefällt beides gut", bestätigte der 30-Jährige. "Ich bin es gewohnt, beide Rollen zu spielen. In beiden Systemen versuche ich an den Ball zu kommen, Dinge zu kreieren – nicht nur selbst zu treffen, sondern auch vorzulegen. Heute war ein schönes Spiel. Ich glaube, jeder hat am Maximum performt."
"Würde ihm heute auch eine Eins geben": Hainer lobt Tuchels Matchplan
Jeder – auch, oder insbesondere der Trainer. Viermal rotierte Tuchel im Vergleich zum 4:3 gegen Manchester United und ging mit seinem System durchaus ins Risiko. Alle seine Änderungen passten jedoch: Choupo-Moting belohnte sich früh, Harry Kane lieferte eine Gala-Vorstellung ab. Kingsley Coman war über links kaum zu stoppen und auch Matthijs de Ligt belohnte sich mit einem wuchtigen Treffer nach einer Ecke.
Es war das vierte Spiel in Folge, aus dem der deutsche Rekordmeister nach eigenem Eckstoß Zählbares holte. In Gladbach und gegen Leverkusen sowie Bochum führte dieser direkt zum Tor. Gegen Manchester United entstand daraus der Elfmeter zum zwischenzeitlichen 3:1.
Dementsprechend gab es Lob von allerhöchster Stelle. "Thomas hat heute alles richtig gemacht", lobte Präsident Herbert Hainer. "Heute ist alles aufgegangen. Ich weiß nicht, wer die Noten verteilt, aber ich würde dem Thomas heute auch eine Eins geben."
Und Tuchel selbst? War trotz der Wiesn-Gaudi wieder schnell im Analysemodus: "Wir reden ja miteinander, wir wissen, was wir voneinander wollen, was wir voneinander erwarten und versuchen, das auch umzusetzen", zeigte sich Bayerns Coach auf der Pressekonferenz wenig überrascht. "Das ist heute so geglückt, wie wir uns das vorstellen und wie ich selber das auch möchte. Es war sehr konzentriert, sehr entschlossen. Ich glaube, dass wir immer ein Tor erzielen wollten und die Großchancen, die wir uns erarbeitet haben, haben dazu beigetragen, Bochum auch ein bisschen die Moral zu nehmen."
"Wenn ich rein muss, muss er auch rein": Gute Laune beim FC Bayern vor dem Wiesn-Besuch
Gleichzeitig schickte Tuchel bei Sky noch eine klare Message an die Mannschaft: "Wir verlangen von allen, die bei Bayern unterschreiben, dass sie die Situation so akzeptieren, wie sie ist. Wenn sie mal individuell schlecht ist, dann musst du es runterschlucken. Du kannst es nicht mit in die Kabine bringen. Du kannst es nicht mit auf den Platz bringen."
Vorerst wird es beim Rekordmeister aber feierlich, wenn es am Sonntag zum traditionellen Wiesn-Besuch geht. Harry Kane fremdelte noch etwas mit der Lederhose. Tuchel sah dem Ganzen eher gelassen entgegen: "Wenn ich rein muss, in die Lederhose, muss er auch rein. Er hat zumindest ein paar Wadenwärmer, die die Waden wärmer halten, die hab ich nicht."
Mannschaft gut gelaunt, Tuchel gut gelaunt – und die Tabellenführung gab es auch noch. Perfekte Bedingungen für die nächsten Wochen.